Die Eigentümerstruktur von Unternehmen hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch verändert. Der Aufstieg von ETFs hat die Anlegerlandschaft grundlegend gewandelt. ETFs sind heute einer der größten Aktionäre in US-Unternehmen.
Der deutliche Umschwung von aktivem zu passivem Investieren in ETFs hat eine breite Debatte unter Akademikern und Praktikern ausgelöst. Es geht um die Auswirkungen auf die Corporate Governance.
Insbesondere wächst die Sorge. Die reine Passivität von Indexierungsstrategien birgt erhebliche Risiken für die Corporate Governance.
Ein Artikel im Wall Street Journal article titled Index Funds Are Great for Investors, Risky for Corporate Governance described ETFs as threats to corporate governance since passive investors do not care about governance of a particular company.
Der Artikel fordert, dass ETFs gar nicht abstimmen sollten. Da ETFs desinformiert seien, könnten sie nicht im besten Interesse ihrer Anleger abstimmen. Diese Ansicht findet sich auch in der akademischen Welt.
Eine Studie mit dem Titel Do Index Funds Monitor? conducted by professors from University of Utah, University of Miami and University of Hong Kong, index institutions are not effective monitors of corporations due to lack of necessary resources and incentives.
Wenn ETFs ihre treuhänderischen Pflichten nicht erfüllen, ist das ein Weckruf für die Regulierungsbehörden. Sie achten auf die Überwachung der amerikanischen Unternehmen.
Im Gegenteil: Unsere Studie mit dem Titel ETF and Corporate Reporting, shows ETFs do not worsen corporate governance, but improve it. While practitioners, academics and regulators have only focused on the passiveness of ETFs, in our study, we pay close attention to the low churn rate of ETFs.
Wir vermuten, dass die geringe Umschlagshäufigkeit von ETFs die kurzfristige Orientierung (Corporate Myopia) von Unternehmen reduziert. Der US-Kapitalmarkt ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend kurzsichtig geworden.
Laut einem Artikel im Harvard Business Review by Barton, titled Capitalism for the long term, the average holding period for US equity in 1970 was about seven years, which fell to seven months in 2011.
Dieses kurzfristige Anlageverhalten setzt Unternehmen enorm unter Druck, gute kurzfristige Ergebnisse zu liefern. Eine Umfrage aus dem Jahr 2005 von Graham, Harvey und Rajgopal ergab beispielsweise, dass 78 % der Führungskräfte bereit waren, langfristigen Wert zu opfern, um gute Quartalsergebnisse zu erzielen.
Hillary Clinton prägte den Begriff „Quarterly Capitalism“, um dieses kurzsichtige Verhalten zu kritisieren. Ironischerweise drehen ETFs ihr Portfolio aufgrund ihrer Passivität nicht auf Basis kurzfristiger Erträge. Dieser passive Anlagestil macht ETFs zu langfristigen Kapitalgebern.
Da ETFs nicht auf Basis von Quartalsergebnissen handeln, sind Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung von dem kurzsichtigen Druck befreit, gute kurzfristige Gewinne auszuweisen. Sie können sich auf langfristige Werte konzentrieren.
Wie mildern ETFs die kurzsichtige Orientierung des Managements?
Verfehlt ein Unternehmen seine Quartalsgewinnziele, bricht sein Aktienkurs erheblich ein. Investoren bestrafen das Unternehmen, indem sie seine Aktien verkaufen.
Diese erhebliche Strafe für das Verfehlen von Gewinnzielen hat die US-Wirtschaft zunehmend kurzsichtig gemacht. Unsere Forschung belegt jedoch, dass die Strafe für das Verfehlen von Quartalsgewinnerwartungen bei hoher ETF-Beteiligung deutlich geringer ausfällt.
Die durchschnittliche Strafe – ein Kursrückgang – für das Verfehlen des Quartalsgewinnziels liegt bei etwa 4,9 %. Bei Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung ist diese Strafe um 2,1 % geringer – also rund 43 % kleiner als die durchschnittliche Strafe.
Andererseits zahlen Unternehmen mit hoher Beteiligung von aktiven Investmentfonds eine 1,6 % höhere Strafe – 33 % über dem Durchschnitt – für das Verfehlen von Gewinnzielen. Diese geringere Strafe bei ETFs ist auf deren geringe Umschlagshäufigkeit zurückzuführen – und umgekehrt bei aktiven Investmentfonds.
Wir stellen fest, dass aktive Investmentfonds ihre Positionen in einem Unternehmen nach Verfehlung der Gewinnziele deutlich reduzieren. Die von ETFs gehaltenen Positionen bleiben davon unberührt. Dies deutet darauf hin, dass ETFs geduldige Kapitalgeber sind und weniger empfindlich auf Quartalsergebnisse reagieren.
ETFs reduzieren Bilanzmanipulationen.
Da Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung vom Druck befreit sind, kurzfristige Gewinnziele zu erreichen, haben sie weniger Anreize, Finanzberichte zu manipulieren, um bessere Quartalsergebnisse auszuweisen.
Es ist bekannt, dass Unternehmen „Earnings Management“ betreiben, um schlechter als erwartete Gewinne zu vermeiden.
Beispiele für Earnings Management sind die Ausweisung höherer Forderungen durch Anerkennung nicht realisierter Verkäufe oder niedrigerer Verbindlichkeiten durch Weglassen von Einkäufen auf Kredit.
Unsere Forschung zeigt, dass Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung diese Tricks seltener anwenden. Dies deutet darauf hin, dass ihre Finanzberichte zuverlässiger und transparenter sind.
Daher verbessern ETFs – entgegen den Bedenken von Medien und akademischer Forschung – im Bereich der Finanzberichterstattung die Corporate Governance.
Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung kürzen keine Investitionen, um gute Gewinne auszuweisen.
Darüber hinaus können Unternehmen Earnings Management betreiben, indem sie wichtige diskretionäre Ausgaben kürzen, wie z. B. F&E- und Werbeausgaben. Das Kürzen dieser Ausgaben hat jedoch seinen Preis.
Dies steigert zwar kurzfristig die Gewinne, opfert aber den langfristigen Wert des Unternehmens, da wertvolle zukünftige Investitionen unterbleiben.
Unsere Forschung liefert Belege dafür, dass Unternehmen mit hoher ETF-Beteiligung diese wichtigen Ausgaben nicht reduzieren, selbst wenn sie kurz vor der Verfehlung des Gewinnziels stehen.
Anders ausgedrückt: Unternehmen wählen nachhaltiges langfristiges Wachstum gegenüber kurzfristigen Gewinnen, wenn die ETF-Beteiligung hoch ist.
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass ETFs einen positiven Einfluss auf Unternehmen ausüben. Sie geben kurzsichtiges Verhalten auf und konzentrieren sich auf langfristigen Wert.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Berücksichtigung der einzigartigen Merkmale von ETFs in regulatorischen und politischen Diskussionen.
Da ETFs die Anlagelandschaft weiter umgestalten, bietet ihre Rolle als geduldige Kapitalgeber ein vielversprechendes Gegenmittel gegen den Kurzfristismus, der die amerikanische Unternehmenswelt plagt.
Für Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger könnte das Verständnis und die Nutzung der Stärken von ETFs der Schlüssel zur Förderung eines stabileren und zukunftsorientierteren Unternehmenssektors sein.
Dieser Artikel wurde von Namho Kang, Assistenzprofessor für Finanzen an der Bentley University, und In Ji Jang, Assistenzprofessor für Finanzen an der Bentley University, verfasst.
Dieser Artikel erschien erstmals in ETF Insider, dem monatlichen ETF-Magazin von ETF Stream für professionelle Anleger in Europa. Um die vollständige Ausgabe zu lesen, click here.



