Die Unsicherheit durch die anhaltenden Lockdowns wegen Covid-19 hat Anleger zu sichereren Anlagen getrieben. Der US-Dollar avancierte zum wichtigsten Hafen. Am 19. März 2020 erreichte der GBP/USD-Wechselkurs mit 1,156 den tiefsten Stand seit 35 Jahren.
Zusätzlich dazu führte der Preisstreit zwischen Russland und Saudi-Arabien gepaart mit sinkender Ölnachfrage (wegen des Virus) zu einem Ölpreis von aktuell rund 21 Dollar. Das ist der niedrigste Stand seit 18 Jahren.
Die Pandemie spaltet auch die Meinungen über ethisches Investieren. Zwar steckt ethisches Investieren noch in den Kinderschuhen. Doch dies ist wohl die erste echte Bewährungsprobe für viele ethische Fonds. Ihre Performance in dieser Zeit könnte künftige Anlegertoleranz prägen.
Vor diesem Hintergrund analysierten wir die Wertentwicklung ausgewählter Aktien-ETFs aus dem SCM Ethical Portfolio im Vergleich zu ihren traditionellen, marktgewichteten Index-ETFs:
iShares MSCI USA SRI ETF (YTD: -12,1 %) vs. Xtrackers MSCI USA ETF (YTD: -16,7 %)
UBS MSCI Japan Socially Responsible ETF (YTD: -5,9 %) vs. iShares MSCI Japan ETF (YTD: -14,8 %)
UBS MSCI United Kingdom IMI Socially Responsible ETF (YTD: -26,7 %) vs. UBS MSCI United Kingdom ETF (YTD: -26,9 %)
Xtrackers ESG MSCI Europe ETF (YTD: -16,5 %) vs. HSBC MSCI Europe ETF (YTD: -19,8 %)
Quelle: Bloomberg per 01.04.20
Die obigen Grafiken zeigen: Ethische ETFs schnitten im jüngsten Abschwung besser ab als traditionelle, marktgewichtete Index-ETFs. Einzige Ausnahme: Der ethisch gescreente ETF für Schwellenländer entwickelte sich schlechter als sein Pendant (-23,4 % vs. -18 %).
Ethisches Investieren nutzt Screening-Kriterien. Dies führt dazu, dass Sektoren untergewichtet oder gar nicht gehalten werden. Es lässt sich argumentieren, dass die geringere Diversifikation zu einem erhöhten systematischen Risiko führte. Die Outperformance wäre dann die Belohnung für dieses zusätzliche Risiko. (Erhöhtes Risiko misst man üblicherweise anhand der Volatilität – Standardabweichung). Eine Studie des CFA Institute mit Daten von Refinitiv widerspricht dem jedoch. Die Datenbank umfasst 7.000 börsennotierte Unternehmen und vergibt ESG-Scores basierend auf 178 Datenpunkten.
MSCI fordert Einbeziehung von ESG-Faktoren in der Investmentbranche
Das CFA Institute erstellte zwei Portfolios für alle S&P-500-Unternehmen. Ein Portfolio hatte einen hohen ESG-Score, das andere einen niedrigen. Die Analyse lief von Januar 2008 bis Dezember 2018. Das Ergebnis: Die Volatilität sank, statt zu steigen.
Quelle: CFA Institute
Wir wählten die Indizes, denen die Aktien-ETFs unseres ethischen Portfolios folgen. Wir verglichen sie mit vergleichbaren Marktgewichtungsindizes. So ermittelten wir die annualisierte 3-Jahres-Volatilität unseres ethischen Portfolios. Ziel war zu prüfen, ob die gestiegene Performance auf erhöhtes Risiko zurückzuführen ist.

Quelle: Bloomberg per 29.03.20
Wir stellten fest: Europa, Großbritannien und die USA zeigten nach dem ethischen Screening durch MSCI (rechts) eine geringere Volatilität. Nur Japan wies einen signifikanten negativen Unterschied beim Halten des ethischen Index auf.
Eine MSCI-Studie ergab: „Unternehmen mit guten ESG-Ratings sind tendenziell profitabler, qualitativ hochwertiger und bergen geringere Risiken“. Es ist jedoch gut belegt, dass es wenig Korrelation zwischen Indexanbietern bezüglich guter ESG-Scores gibt (siehe Grafik unten zur Korrelation zweier großer Indexanbieter).
ESG ist ein Traum für Data Miner
Daher gewinnt die Einbeziehung externer Dritter bei der Überwachung von ESG-Datenpunkten und deren Spezifikationen zunehmend an Bedeutung.
Quelle: CLSA, GPIF
Langfristige Auswirkungen des Coronavirus
Wir erhalten nun tägliche Updates zur Coronavirus-Pandemie und deren praktischen Folgen. Niemand weiß genau, wie sich dies langfristig auf unser Leben auswirkt. Aber es wird Auswirkungen haben. Das gilt auch für Unternehmen, Bewertungen und Investitionen.
Das Arbeiten von zu Hause aus zwang, viele Unternehmen zur Anpassung. Sie nutzten Technologie, um Teams zu verbinden, etwa mit Microsoft Teams oder Zoom. Unternehmen können so weiterarbeiten. Dies könnte aber dazu führen, dass das Top-Management schrumpft. Weniger Arbeitskräfte, weniger Büroflächen und generell geringere Gemeinkosten sind möglich.
Während einige Unternehmen schrumpfen, verzeichnen Technologieplattformen, IT- und Telekommunikationsfirmen eine höhere Nachfrage nach ihren Diensten.
Bewertung der langfristigen Auswirkungen des Coronavirus
Eine weitere Folge: Unternehmen könnten beschließen, dass Mitarbeiter seltener reisen müssen. Einzelpersonen werden eher zu Fuß gehen oder Zoom und Skype nutzen, um Freunde und Familie zu sehen, statt sie persönlich zu treffen.
Zweifellos gab es positive Umweltauswirkungen durch Lockdowns und Reiseverbote. Länder berichten von weniger Umweltverschmutzung, zurückkehrender Tierwelt und geringerem Energieverbrauch.
Das Bild unten zeigt die Stickoxid-Werte in mehreren europäischen Ländern im Vergleich zum Vorjahr. Ähnliches wurde in China beobachtet. Diese dramatischen Reduzierungen der Umweltverschmutzung beeinflussen unser Denken über Reisen, Klimawandel und Unternehmensverhalten.
Eine weitere Folge wird wahrscheinlich eine deutliche Umkehrung der Sparmaßnahmen sein. Mehr Mittel fließen in medizinische und Notfallausrüstung sowie Personal für Gesundheits- und Gemeinschaftsdienste.
Die BBC berichtete über Ressourcenmangel im britischen Gesundheitswesen (NHS). Möglicherweise fließt auch mehr Geld in die Forschung und Entwicklung von Medizinprodukten. Die Sorge vor einer zweiten oder gar dritten Welle des Virus bleibt eine bedrohliche Möglichkeit.
Es ist vielleicht noch zu früh für eine endgültige Bewertung. Die Performance von Investmentfonds sollte nicht kurzfristig beurteilt werden. Dennoch haben viele ethische ETFs im jüngsten Abschwung ihre traditionellen Pendants übertroffen.
Fünf ETFs im Fokus bei Corona-Unsicherheit
Es wird interessant sein zu sehen, wie sie sich in einer wirtschaftlichen/marktseitigen Erholung entwickeln. Möglicherweise übertreffen sie den gesamten Wirtschaftszyklus. Derzeit sind die Anzeichen ermutigend, aber es ist noch zu früh für eine definitive Beurteilung.
Alan Miller ist Mitgründer und CIO, Barnaby Barker ist Analyst bei SCM Direct.
Melden Sie sich für den wöchentlichen ETF Stream Newsletter an hier




