iNAVs, auch bekannt als Indicative Optimised Portfolio Value oder IOPV, sind eine Intraday-Schätzung des Nettoinventarwerts eines ETFs. Sie werden auf Basis der aktuellen Handelspreise der zugrunde liegenden Wertpapiere berechnet.
Sie sollen Anlegern eine gewisse Echtzeit-Transparenz über ihre Investments bieten. In manchen Fällen können sie ein nützliches Maß zur Bewertung eines ETFs sein.
Beispielsweise waren sie in den Anfangstagen der UCITS-ETF-Branche recht nützlich. Damals bestand das Produktangebot hauptsächlich aus liquiden Aktien, die überwiegend an europäischen Börsen notierten.
Da sich das ETF-Angebot jedoch zu globalen und Multi-Asset-Klassen-Exposures entwickelt hat, ist der iNAV als Indikator für den wahren Wert weniger nützlich geworden.
Zeitunterschiede zwischen dem Handelsplatz des ETFs und dem der zugrunde liegenden Wertpapiere führen beispielsweise zu einer Entkopplung zwischen iNAV und dem tatsächlichen Marktwert.
Derzeit weisen über 60 % der UCITS-ETFs globale und Multi-Asset-Klassen-Exposures auf. Dies entspricht über 70 % des verwalteten Vermögens.
Geschlossene Märkte bei den zugrunde liegenden Wertpapieren machen es für den iNAV-Agenten unmöglich, eine genaue Wertmessung vorzunehmen. Dies liegt daran, dass er während der europäischen Handelszeiten nicht mehr mit Live-Preisen versorgt wird.
Daher veraltet der iNAV. Unter diesen Umständen sollten Anleger den iNAV nicht als Richtwert für den fairen Wert verwenden, insbesondere nicht in volatilen Märkten.
Wenn ein Anleger beispielsweise eine Position verkaufen möchte und der iNAV einen ETF scheinbar zu einem Abschlag handelt, könnte der Anleger vom Verkauf absehen. Er hofft darauf, dass sich der ETF wieder dem iNAV angleicht. In einem fallenden Markt geschieht dies möglicherweise nicht. Der iNAV hat daher klare Grenzen als Leitfaden für den wahren Wert.
Instrumente mit festem Einkommen sind weiteren iNAV-Schwierigkeiten ausgesetzt. Grund dafür ist die potenzielle Asymmetrie der Preis-Feeds zwischen dem iNAV-Berechnungsagenten und den zugrunde liegenden Wertpapieren, insbesondere in gestressten Marktszenarien.
Darüber hinaus erstellen viele Authorized Participants (APs), die im Sekundärmarkt Preise ermitteln, ihre eigenen internen Fair-Value-Berechnungen. Sie nutzen dafür verschiedene Preisquellen. Für sie ist der iNAV daher obsolet.
Zudem berücksichtigt der iNAV keine Kosten wie Kapitalertragsteuer, Finanztransaktionssteuer oder Stempelsteuer. Diese fallen bei Emissionen oder Rücknahmen im Primärmarkt an. Dies verursacht eine weitere Entkopplung zwischen iNAV und fairem Wert.
Die Bereitstellung von iNAVs wurde im Rahmen der Konsultation der IOSCO zuETF Good Practicesdiskutiert. Die Regulierungsbehörden und/oder Handelsplätze wurden ermutigt, "Mittel zur Verbesserung der Genauigkeit und Nützlichkeit des iNAV zu prüfen".
Ein besserer Schritt wäre die vollständige Abschaffung dieser Messgröße. In den USA hat die Securities and Exchange Commission (SEC) die Anforderung zur obligatorischen Erstellung von iNAVs, einer seit ETF-Gründung bestehenden Regelung, logischerweise aufgehoben. Europa sollte diesem Beispiel folgen und die Abhängigkeit vom iNAV beenden.
Ein lösungsorientierter Ansatz ist hier entscheidend. Ein Vorschlag an die Regulierungsbehörden für einen völlig alternativen Indikator wäre ein positiver Schritt für den Markt.
Betrachten wir das Orderbuch der Börsen oder regulierten Handelsplätze. Dort zeigen Designated Market Maker bid- und ask-Kurse innerhalb eines vorab vereinbarten maximalen Spreads. Dies ist Teil ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Liquiditätsbereitstellung.
Orderbücher stellen eine wahre Abbildung des fairen Wertes dar. Sie berücksichtigen unter anderem die Preise der zugrunde liegenden Wertpapiere, Bilanzkosten, Steuern und die Wiederaufbereitung des Bestands.
Die Infrastruktur für eine genauere und leichter verfügbare Intraday-Preisquelle für Anleger ist somit bereits vorhanden.
Die Branche sollte den Wandel annehmen, sich von einem redundanten Informationssystem lösen und zu etwas Nützlicherem und Genaueren übergehen. Dies ist ein Moment für die europäische ETF-Branche, sich zum Wohle aller zu verändern.
Keshava Shastry ist Leiter Capital Markets bei DWS, Vorsitzender der ETF-Taskforce bei EFAMA und Vorsitzender des ETF-Komitees bei der Investment Association. Anastasia Manuel ist Associate, ETF Capital Markets, bei DWS.
Dieser Artikel erschien zuerst in ETF Insider, dem monatlichen ETF-Magazin von ETF Stream für professionelle Anleger in Europa. Um die vollständige Ausgabe zu lesen,klicken Sie hier.
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