london-5354315 1920
Analysen

ETFs statt LTAFs in den Fokus rücken

Ein ETF-Aktionsplan der Investment Association ist ein erster Schritt zur breiteren Akzeptanz bei britischen Verbrauchern.

Verfasst von:

Veröffentlichungsdatum

Lesezeit

4 mins

Artikel teilen

Für Millionen britischer Verbraucher bleibt die Welt der Geldanlage ein einschüchterndes und abschreckendes Rätsel – eine nationale Peinlichkeit, zumal das Vereinigte Königreich über den zweitgrößten Vermögensverwaltungssektor der Welt verfügt, und ein ernstes Problem für ein Land, das Schwierigkeiten hat, nennenswertes Wirtschaftswachstum zu erzielen.

Es hat viel zu lange gedauert, doch nun haben die britische Regierung, die Finanzaufsichtsbehörde und führende Vermögensverwalter zugesagt, die breite Bevölkerung dabei zu unterstützen, ihre Zurückhaltung beim Investieren zu überwinden, anstatt große Bargeldbestände zu horten.

Laut Barclays halten rund 15 Millionen Erwachsene im Vereinigten Königreich mehr als sechs Monatsgehälter in bar – ein beträchtliches Potenzial für Fondsmanager. Kostengünstige, breit gestreute ETF-Portfolios könnten diese Mittel effizient einsetzen, doch die breite Öffentlichkeit kennt und versteht ETFs bislang kaum.

Knapp die Hälfte aller Kleinanleger in Großbritannien gibt laut einem Bericht der Investment Association (IA) an, wenig bis gar nichts über ETFs zu wissen. Die IA reagiert darauf mit einer neuen Initiative, die darauf abzielt, das Wissen über diese Produkte schneller zu verbreiten.

ETFs werden bislang vor allem von jüngeren, wohlhabenderen und männlichen Anlegern gekauft. Frauen und ältere Kundengruppen bleiben deutlich zurück. Die Investment Association (IA) sieht hier Wachstumschancen, betont aber, dass eine breit angelegte Aufklärungskampagne nötig ist, um alle Anlegergruppen zu erreichen.

Zwischen 2022 und 2024 zogen britische Kleinanleger laut Daten der IA 53 Milliarden Pfund aus Fonds ab, 2025 gab es nur geringe Zuflüsse von 1,4 Milliarden Pfund. Auch steuerlich attraktive Individual Savings Accounts (ISAs) zeigen die Vorliebe für Bargeld: Zwar flossen Rekordsummen in ISAs, doch überwiegend in Bargeld-ISAs.

Die IA plant für das kommende Jahr ein Bildungsprogramm zu ETFs für Kleinanleger. Ziel ist es, die Produkte leichter verständlich zu machen und die Integration in Anlageplattformen zu vereinfachen. Details gibt es noch nicht. Immer mehr aktive Manager setzen mittlerweile auf ETFs.

Einige Mitglieder der Investment Association (IA) fürchten um ihr Geschäft. Die drei größten ETF-Anbieter weltweit – BlackRock, Vanguard und State Street – wachsen in Großbritannien weiter

Manche ETF-Anbieter finden, die IA sei zu langsam. Sie habe sich zu stark auf Long-Term Asset Funds (LTAFs) konzentriert, die in Sachwerte wie Infrastruktur investieren.

Nun scheint klar: Die IA muss beim Thema ETFs deutlich schneller aufholen. Das gilt ebenso für die Finanzaufsicht FCA. Beide Institutionen stehen unter Druck, sich anzupassen. Die Regierung wiederum will mit den „Leeds Reforms“ den Vermögensaufbau von Kleinanlegern gezielt fördern.

Die aktuelle Analyse der IA brachte wichtige Erkenntnisse über Anlageplattformen und Finanzberater – sie gilt als die bislang umfassendste Untersuchung der ETF-Präferenzen britischer Retail-Anleger.

Mehr als 40 Prozent der Befragten mit Finanzberatung gaben an, noch nie einen ETF empfohlen bekommen zu haben. Das überrascht: Viele Berater bevorzugen nach wie vor Multi-Asset-Fonds oder Modellportfolios, die primär aktive Fonds oder traditionelle Indexprodukte enthalten.

In den USA dagegen ist der Markt für ETF-basierte Modellportfolios riesig – dank steuerlicher Vorteile, die britische Anleger nicht genießen. Entsprechend plant die IA nun gezielte Schulungen für Finanzberater. Sie sollen ETFs künftig leichter empfehlen können. Doch viele Unternehmen warten weiter auf klare Kosten- oder Performance-Vorteile. Auch eine reibungslose Integration in Handelssysteme bleibt Voraussetzung.

Zudem will die IA enger mit Fondsplattformen zusammenarbeiten. Ziel ist es, Gebühren und Kostenstrukturen von ETFs leichter vergleichbar zu machen. Ob Kleinanleger jedoch Zeit und Geduld haben, sich durch die Datenflut zu arbeiten, bleibt offen. Vergleichsportale nach dem Vorbild der Versicherungsbranche könnten hier Abhilfe schaffen.

Fast ein Viertel (23 %) der ETF-Anleger nutzt heute mehrere Plattformen. Neo-Broker wie Freetrade und eToro bieten inzwischen deutlich ETF-freundlichere Services – ein Signal wachsender Unzufriedenheit mit etablierten Plattformen. Der Wettbewerb durch die neuen Akteure dürfte sich weiter verschärfen.

Neo-Broker mit günstigen ETF-Sparplänen haben in Deutschland den ETF-Markt regelrecht revolutioniert. Die Dynamik dort hat selbst große Anbieter wie die DWS veranlasst, ihr Geschäftsmodell digital anzupassen. In Großbritannien ist von einer ähnlichen Entwicklung bislang wenig zu spüren – doch der Blick nach Deutschland weckt Hoffnung. Auch britische Anleger könnten überzeugt werden, ihre langfristigen Finanzziele über ETFs zu erreichen.

Wenn das Investieren im Vereinigten Königreich tatsächlich demokratisiert werden soll, wie es die Regierung anstrebt, dann werden ETFs dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Wichtige ETF-Einblicke sind nur wenige Klicks entfernt

90 % unserer Leser:innen würden ETF Stream weiterempfehlen

Kostenloses Konto erstellen

Sie haben bereits ein Konto?Anmelden

In diesem Artikel vorgestellt

Logo for The Investment AssociationLogo for DWSLogo for eToro

ETFs

Keine ETFs verfügbar.

THEMENBEREICHE

VERWANDTE ARTIKEL