Der Rekordlauf von Gold, dessen Preis diese Woche erstmals die Marke von 4.000 US-Dollar pro Unze durchbrach, wurde durch starke Zuflüsse in physisch besicherte Gold-ETFs befeuert.
Anleger weltweit investierten im dritten Quartal fast 26 Milliarden US-Dollar in Gold-ETFs – ein Rekordwert. Die Nettozuflüsse summieren sich in diesem Jahr damit auf über 64 Milliarden US-Dollar, wie das World Gold Council berichtet.
Geopolitische Risiken, steigende Staatsschulden, Währungsbedenken und Handelszölle haben die bisher stärkste Rallye von Gold seit den 1970er Jahren unterstützt. Hinzu kommen die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed und die drohende Schließung der US-Regierung.
Gold erreicht Neuland, und Analysten überarbeiten ihre Prognosen. Steigende Kurse und Zuflüsse verstärken sich dabei gegenseitig. Goldman Sachs erhöhte seine Goldpreisprognose für Ende 2026 auf 4.900 US-Dollar pro Unze, zuvor waren es 4.300 US-Dollar. Grundlage dieser Neubewertung sind starke ETF-Zuflüsse und Käufe von Zentralbanken.
Die Nachfrage der Zentralbanken könnte 2023 leicht zurückgehen. UBS erwartet zwischen 900 und 950 Tonnen. Das bleibt jedoch ein beträchtliches Interesse. Gold-ETFs fungieren als „Zentralbanken der Völker“ und ermöglichen Millionen von Kleinanlegern den Zugang zum Goldmarkt, ohne die Kosten und hohen Spreads für den Kauf von Barren oder Münzen tragen zu müssen. Viele Anleger folgen dabei den Signalen der Zentralbanken.
ETF-Käufe treiben die Goldrallye weiter an: Die Bestände in physisch besicherten Gold-ETFs stiegen in diesem Jahr laut World Gold Council um 618,8 Tonnen. UBS schätzt die Zuflüsse auf rund 830 Tonnen. Das Vermögen globaler Gold-ETF-Anlagen könnte von 472 Milliarden US-Dollar auf über 500 Milliarden US-Dollar wachsen – mehr als die zweitgrößte Position nach der US-Notenbank Fed.
Zentralbanken und Gold-ETF-Anleger teilen ein zentrales Motiv: die Angst vor Geldentwertung. Langjährige Programme zur quantitativen Lockerung haben die Rallye befeuert, erläutert Stephen Jen von Eurizon SLJ.
„Einen Höchststand bei Goldpreisen auszurufen, bedeutet das Ende der Abkehr von Fiat-Geld“, sagt Jen. Die Welt stehe möglicherweise erst am Anfang dieser Entwicklung, und die Goldpreise könnten weiter steigen.
Auch Bitcoin profitiert von Sorgen über Geldentwertung. Sein Wert hängt jedoch stark vom Markt ab – er könnte zwei Millionen US-Dollar erreichen oder wertlos sein.
Hargreaves Lansdown warnt vor Bitcoin. Die britische Finanzaufsicht FCA hob im August die bisherige Beschränkung auf regulierte Krypto-Produkte auf. Da Krypto-ETNs in der kommenden Woche in London starten, sieht Hargreaves Bitcoin nicht als echte Anlageklasse.
Jen sieht für Goldpotenzial von 8.500 US-Dollar, sollte die Zentralbanknachfrage steigen, um den Anteil der US-Notenbank Fed zu erreichen. Ein solcher Schritt würde Jahre dauern, doch er begeistert Gold-Enthusiasten.
Willem Buiter, ehemaliger Chefökonom der Citigroup, kritisiert die Goldkäufe der Zentralbanken scharf. Er warnt vor einer „6.000 Jahre alten Goldblase“.
Zentralbanken sollten ihre Bestände verkaufen, da Gold „geringfügigen intrinsischen Wert und massive Risiken“ habe, schreibt Buiter in einem Gastbeitrag für die Financial Times. Privatanlegern rät er, nur Geld zu investieren, dessen Verlust sie verschmerzen können.
Buiter wiederholt damit die Kritik von John Maynard Keynes aus dem Jahr 1924, der Gold als „barbarisches Relikt“ bezeichnete. Viele seiner Zeitgenossen hielten diese Meinung für ketzerisch – ähnliche Reaktionen wird Buiter erwarten.
Top-Notenbanker erinnern sich zudem an Gordon Browns Entscheidung von 1999: Der damalige britische Schatzkanzler verkaufte die Hälfte der Goldreserven zu Niedrigstpreisen.
Ein größerer Goldverkauf durch Zentralbanken ist angesichts des unsicheren US-Dollar-Ausblicks unwahrscheinlich. US-Präsident Trump mit seiner Vorliebe für Gold würde solche Verkäufe kaum dulden. Eine Umkehr der Zentralbankkäufe wäre zudem ein langsamer Prozess, während ETF-Investoren flexibel reagieren können.
Wenn der moderne König Midas im Weißen Haus das Wort erhebt, steigt das Interesse an Gold-ETFs weiter.




