Amundis Anspruch, ein führender Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte zu sein, gerät ins Wanken. Eine Untersuchung von Reclaim Finance zeigt: Die Übernahme von Lyxor erhöht Amundis Bestände an Kohlekonzernen erheblich.
Der Bericht mit dem TitelAmundi: Eine Untersuchung Europas größtem Vermögensverwalterdeckt Schwächen in der Engagement-Politik des französischen Vermögensverwalters auf. Amundi unterstützt Kohleunternehmen, fördert aber gleichzeitig Öl- und Gasprojekte.
Diese Erkenntnisse stellen die Glaubwürdigkeit von Amundis Klimaschutzinitiativen infrage. Dazu gehören die Net Zero Asset Managers Initiative und eigene Ziele wie Netto-Null bis 2050 sowie eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030.
Amundi schloss die825-Millionen-Euro-Übernahmedes französischen Konkurrenten Lyxor im vergangenen Monat ab. Damit ist Amundi der zweitgrößte ETF-Anbieter Europas. Die Akquisition gilt als strategisch wichtig und unterstreicht den verstärkten Fokus auf passive Anlageprodukte in Europa.statt auf aktive Verwaltung.
Wurtz von Amundi: Warum der richtige Zeitpunkt für die Lyxor-Übernahme gekommen war
Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass der Anteil der nicht von Amundis Ausschlussklauseln für Kohle erfassten Vermögenswerte nach der Übernahme um 84% steigen wird.
Im aktiven Geschäft setzt Europas größter Vermögensverwalter verschiedene Ausschlusskriterien ein. Dazu gehören Unternehmen, die mehr als 25% ihrer Einnahmen aus dem Abbau von Thermalkohle erzielen.
Amundi wendet zwar eine Ausschlussrichtlinie für den Kohlesektor bei seinen ESG-ETFs an. Bei Nicht-ESG-Produkten seien jedoch "systematische Sektorausschlüsse nicht möglich", so das Unternehmen. Dies begründe sich mit der Treuhänderpflicht. Stattdessen behält sich Amundi vor, "gegen" das Management von Unternehmen zu stimmen, die die Screening-Kriterien nicht erfüllen.
Dennoch identifizierte der Bericht "Schwächen" in Amundis Engagement-Strategie.
Im vergangenen Jahr stimmte Amundi bei Hauptversammlungen von 13 Kohleentwicklern ab. Dabei unterstützte das Unternehmen 78% der von den Unternehmensleitungen vorgeschlagenen Anträge.
Dies betrifft auch den Bergbaugiganten Glencore. Glencore plant, seine Kohleaktivitäten über 2050 hinaus fortzuführen.
Zudem hält Amundi nach eigenen Angaben per Monat über 14 Milliarden Euro in Aktien und Anleihen der sechs größten europäischen Öl- und Gaskonzerne.
Diese Ergebnisse folgen kurz nach den ambitionierten Zusagen von Amundi-CEO Valérie Baudson im Rahmen des ESG-Plans 2025. Diese betreffen sowohl das passive als auch das aktive Geschäft.
Das Unternehmen strebt bis 2025 ein Wachstum des verwalteten Vermögens (AUM) um 50% an. Die passive Plattform verwaltet derzeit 282 Milliarden Euro. Bis 2025 sollen zudem40% der ETF-ProdukteESG-konform sein. Aktuell liegt dieser Anteil bei 23%.
Im vergangenen November wurde Amundi-Präsident Yves Perrier von der französischen Regierung zum Leiter der Klimakommission des Finanzsektors ernannt. Die Gruppe engagiert sich zudem in europäischen Branchenverbänden wie der European Fund and Asset Management Association (EFAMA).
Lara Cuvelier, Campaignerin für nachhaltige Anlagen bei Reclaim Finance, fordert: "Wenn Amundi ein Klimavorreiter sein will, muss es sein Problem mit passiven Anlagen lösen, die Expansion fossiler Brennstoffe stoppen und harte Maßnahmen gegen große Umweltverschmutzer ergreifen."
"Amundi mag ein Aushängeschild für den französischen Finanzsektor im Klimaschutz sein, aber seine Bilanz ist nicht gerade rühmlich."
"Sich zu Netto-Null zu verpflichten und gleichzeitig Öl-, Gas- und Kohleentwickler zu unterstützen, ist wie der Kauf weiterer Zigaretten bei gleichzeitigem Rauchstopp-Versprechen. Es ist Zeit, dass Amundi seinen Worten Taten folgen lässt und im Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangeht."
Ein Amundi-Sprecher erklärt: "Die von Amundi bisher angewandte Ausschlussrichtlinie gilt auch für alle ESG-ETFs nach der Lyxor-Übernahme. Wir wenden unsere Nachhaltigkeitsrichtlinie auf die übernommenen Vermögenswerte an. Damit erweitern wir unsere Nachhaltigkeitspolitik auf mehr Anlagen als zuvor."
"Dies tun wir bereits mit unserer ESG-ETF-Palette und haben es im neuen ESG-Plan 2025 zugesagt – mit dem Ziel, bis 2025 mindestens 40% unserer ETFs im ESG-Bereich zu haben."
Laut Share Action zählt die "robuste" Stimmrechtsstrategie von Amundi zu den fünf besten unter den Vermögensverwaltern.
Zur Stärkung seiner Richtlinien will Amundi ESG-Leistungsziele an die Vergütung von 200 Führungskräften sowie aller Portfoliomanager und Vertriebsmitarbeiter koppeln.
Zudem will das Unternehmen mit 1000 weiteren Unternehmen zusammenarbeiten, um deren Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu definieren. Dabei geht es um Stimmrechtsausübung auf Hauptversammlungen und die Abstimmung der Vergütungspakete mit diesen Strategien.
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