Nachhaltigkeitsindizes (ESG) helfen Anlegern beim Aufbau eines nachhaltigen Portfolios. Sie entscheiden, wohin Kapital fließt und welches Risiko besteht. Doch die Beurteilung von ESG-Indizes birgt Tücken.
Institutionelle Investoren und Vermögensverwalter berücksichtigen ESG-Faktoren. Klimawandelrisiken sind dabei ein wichtiger Bestandteil ihres Investmentprozesses.
Die Index Industry Association (IIA) betont die Bedeutung von Indizes für Kapitalallokationsentscheidungen. Eine IIA-Umfrage von 2021 zeigt: 80% der Befragten sehen in Indizes eine Hilfe, schnell in Unternehmen mit starker ESG-Performance zu investieren. 78% vertrauen ESG-Daten dank Indizes stärker. 75% können mit Indizes flexibel auf neue ESG-Themen reagieren.
Die IIA-Umfrage belegt die hohe Verlässlichkeit von Indizes. 84% der Befragten vertrauen Indexanbietern, die ESG-Innovationen und Standards voranzutreiben.
ESG ist gekommen, um zu bleiben. Im ersten Quartal dieses Jahres erreichten globale Zuflüsse in nachhaltige Fonds einen Rekordwert von gut 185 Milliarden US-Dollar. Europa beanspruchte davon den Löwenanteil (79%), so Morningstar-Daten. Weltweit beliefen sich die Vermögen in nachhaltigen Fonds auf 1,9 Billionen US-Dollar – fast eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2020.
Unklarheiten bei ESG-Indizes
Die Methoden zur Konstruktion von ESG-Indizes variieren zwischen den Anbietern. Es gibt eine breite Palette von ESG-Benchmarks wie Sustainalytics, MSCI, RobeoSAM und Bloomberg MSCI ESG. Doch die ESG-Daten sind oft inkonsistent.
Todd Rosenbluth, Leiter ETF- und Fondsforschung bei CFRA, erklärt: „Bei ESG-Investments steckt der Teufel im Detail, selbst wenn der zugrundeliegende Index von derselben Firma verwaltet wird.“
ESG-Benchmark-Ratings basieren auf vielfältigen Datenquellen. MSCI ESG Ratings nutzen beispielsweise Daten aus Pflichtangaben von Unternehmen, wie Finanzberichten und behördlichen Einreichungen.
MSCI ESG Ratings messen die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber ESG-Risiken. Sie verwenden eine regelbasierte Methodik.
CFRA-Analyst Rosenbluth nennt ein Beispiel: Die ETFs iShares ESG Aware MSCI USA (ESGU) und iShares MSCI KLD 400 Social (DSI) folgen MSCI-basierten ESG-Indizes. Doch DSI meidet Apple, Exxon, Facebook und JP Morgan. Diese sind jedoch zentrale Positionen im ESGU. Hier gibt es Unklarheiten.
„Für Anleger ist es schwierig zu verstehen, warum eine Aktie ausgeschlossen wird und ob sie zukünftig aufgenommen werden könnte“, betont Rosenbluth.
Worauf basieren ESG-Ratings?
Bob Jenkins, globaler Leiter Research bei Lipper (Refinitiv), sagt: Ratings entstehen aus unternehmerischen ESG-Offenlegungsdaten, interpretiert von Ratinganbietern.
„Diese Anbieter haben eigene Taxonomien. Sie ordnen die offengelegten Daten deskriptiven Kategorien zu, die verschiedene ESG-Faktoren abbilden“, fügt Jenkins hinzu.
Die Taxonomie umfasst ökonomische Aktivitäten mit Leistungskriterien. Sie bewertet den Beitrag zu Umweltzielen wie dem Klimawandel.
Laut Jenkins beinhalten die meisten Taxonomien auch ein Wesentlichkeitskonzept (Materiality). Es gewichtet die Bedeutung von Faktoren für die Gesamtbewertung, abhängig von Branche und Sektor des Unternehmens.
So wären beispielsweise Kohlenstoffemissionen für kohlenstoffintensive Industrien wie Öl und Gas wichtiger als für Softwareunternehmen.
Detlef Glow, Leiter Lipper EMEA Research bei Refinitiv, erklärt: Die Ableitung von ESG-Ratings hängt von der Methodik des jeweiligen Anbieters ab.
„Einige Ratings basieren auf qualitativen Daten, andere nur auf quantitativen. Viele nutzen auch beides“, ergänzt Glow.
Laut Lipper-Daten stammen quantitative Daten hauptsächlich aus Unternehmensberichten. Qualitative Daten kommen aus Fragebögen und Umfragen, dem proprietären Research der Agenturen.
„Es gibt jedoch Lücken bei der Vollständigkeit der ESG-Daten für verschiedene Sektoren und Firmengrößen. Nicht alle Branchen oder Unternehmen berichten alle möglichen Daten“, führt Glow aus.
„Einige dieser Lücken erklären sich aus der Wesentlichkeit der Datenpunkte. Nicht alle Daten sind für alle Branchen/Unternehmen relevant und werden daher nicht berichtet.“
Obwohl einige ESG-Ratinganbieter gleiche Ansätze zur Berechnung von ESG-Scores verwenden, müssen Anleger Unterschiede und unterschiedliche Rahmenwerke beachten.
„Manche Ratingagenturen füllen Lücken mit Schätzungen, die sie aus Branchendurchschnitten und anderen Parametern ableiten“, erklärt Glow.
ESG-Einfluss auf das Asset Management: ESG verändert die Vermögensverwaltungslandschaft. Die IIA-Umfrage 2021 zeigt: ESG-Faktoren werden immer wichtiger. 85% der befragten Unternehmen priorisieren ESG in ihrer Anlagestrategie.
37% stuften ESG als „sehr hohe Priorität“ ein, in den USA und Deutschland waren es etwa 50%. CIOs und CFOs maßen ESG-Faktoren häufiger eine „sehr hohe Priorität“ bei als Portfoliomanager. Die Unterstützung war generell sehr hoch.

Quelle: IIA
ESG-Investoren stehen weiterhin vor Herausforderungen. Dazu gehören die Standardisierung der Datenqualität und die Notwendigkeit vergleichbarer ESG-Leistungsdaten von Unternehmen und Anlageklassen.
Die Vielfalt an ESG-Berichtsorganisationen und -benchmarks kann verwirren. Unternehmen unterscheiden sich stark darin, wie sie ihre ESG-Aktivitäten und Kennzahlen berichten.
The 2021 IIA surveyDie IIA-Umfrage 2021 ergab: 58% der Befragten sehen Datenmangel als zentrale (23%) oder moderate (35%) Herausforderung bei der ESG-Implementierung. 61% bemängeln fehlende Einigkeit bei der Bewertung von ESG-Leistungen.
Ähnliche Anteile der Befragten äußern Bedenken hinsichtlich mangelnder Transparenz bei der ESG-Berichterstattung und unzureichender öffentlicher Offenlegung von ESG-Aktivitäten durch Unternehmen.
Dieser Artikel erschien zuerst in ESG Unlocked: Sustainable Revolution In Full Swing, einem Bericht von ETF Stream. Für die vollständige Ausgabeklicken Sie hier.
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