Faktor-Investing, auch bekannt als Smart Beta, hat die ETF-Welt im Sturm erobert. Mit über 1000 ETFs und mehr als 2 Billionen US-Dollar investiertem Vermögen ist klar, dass dieser Ansatz an Fahrt gewonnen hat.
Die Grundlage des Faktor-Investings bilden wissenschaftliche Forschungen. Insbesondere das bahnbrechendeDrei-Faktoren-Modellvon Eugene Fama und Kenneth French. Dieses Modell legte nicht nur den Grundstein für die Faktor-Forschung, sondern eröffnete auch eine völlig neue Welt der quantitativen Forschung. Dabei analysieren mathematische und statistische Methoden Finanzdaten, um systematische Anlagestrategien zu entwickeln.
Für Quant-Investoren ist die Entwicklung dieser Strategien faszinierend. Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch in ihrer Performance nach der Einführung.
Trotz historisch guter Renditen schneiden viele Faktorstrategien nach ihrer Einführung schlechter ab. Die drängende Frage für Asset Allokatoren lautet: Welche Strategie sollten Sie wählen oder sollten Sie über alle diversifizieren?
Der Momentum-Faktor: Meine Top-Wahl
Beim Faktor-Investing ist Momentum ganz klar mein Favorit. Diese Leidenschaft begann vor über einem Jahrzehnt. Inspiriert hat mich die Studie von Jegadeesh und Titman aus dem Jahr 1993:Returns to Buying Winners and Selling Losers: Implications for Stock Market Efficiency. Hier sind die Gründe, warum ich Momentum für so besonders halte:
Verhaltensbedingte Verzerrungen:Anleger neigen dazu, der Herde zu folgen und auf nachfragestarke Aktien zu setzen. Selbst Fondsmanager sind schuldig, besonders jene, die kürzlich schlecht abgeschnitten haben. Sie verkaufen ihre Verlustpositionen und springen auf den fahrenden Zug der Gewinner-Aktien auf, um ihre Wettbewerber einzuholen. Privatanleger tun oft dasselbe und wählen Aktien aus, die in den Nachrichten sind und starke Renditen zeigen. Diese Verhaltensmuster sind tief verwurzelt und schaffen Chancen für diejenigen, die sie zu nutzen wissen.
Trendende Wirtschaftsfundamentaldaten:Einige Branchen und Unternehmen profitieren von langfristigen strukturellen Trends. Dies kann zu nachhaltigem Gewinnwachstum führen. Solche Unternehmen mit starkem Gewinnwachstum steigern oft ihre Marktkapitalisierung und senken damit ihre Kapitalkosten. Dies erleichtert die Beschaffung von Mitteln für neue Geschäftsmöglichkeiten, was letztlich die nächste Stufe des Gewinnwachstums befeuert.
Sektor- und Thema-agnostisch:Viele verbinden Momentum mit Tech-Aktien. Tatsächlich ist es aber sektor- und thema-agnostisch. Momentum kümmert sich nicht um Sektoren, Themen oder Bewertungen. Nach der Markterholung im Zuge von COVID-19 Mitte 2021 verschoben sich Momentum-Portfolios beispielsweise von Wachstums-orientierten Tech-Werten hin zu zyklischeren Sektoren wie Materialien und Finanzwesen. Grund waren die bullischen Rohstoffmärkte und niedrigen Zinssätze. Heute erfasst es die KI-Rallye – ein Trend, der anfangs auf Skepsis stieß, aber inzwischen breite Akzeptanz gefunden hat. Ich halte Momentum für unglaublich nützlich, um den nächsten großen Trend zu erfassen.
Die Risiken des Wellenreitens
Obwohl Momentum viele Vorteile hat, ist es nicht risikofrei. Hier sind einige Punkte, die Sie beachten sollten:
Volatile Märkte:Volatilität ist der größte Feind von Momentum. Wenn Märkte volatil sind, bedeutet dies oft einen strukturellen Wandel oder einen wirtschaftlichen Schock. Dies kann bestehende Trends stören. So sah der Inflationsschock 2022 eine Marktdrehung von wachstumsstarken Tech-Aktien hin zu wertorientierten Energieaktien. Momentum-Strategien können von solchen plötzlichen Umschwüngen überrascht werden.Tipp: Um dieses Risiko zu managen, behalten Sie die Marktvolatilität im Auge. Spitzen im VIX-Index über 30 signalisieren oft potenzielle Momentum-Crashs.
Implementierungskosten: Momentum-Strategien beinhalten eine hohe Umschlagshäufigkeit. Das bedeutet, dass Aktien häufig gekauft und verkauft werden. Dies kann zu höheren Transaktionskosten und potenziellen Slippages – durch große Geld-Brief-Spannen – unter illiquideren Marktbedingungen führen. Dies kann die Renditen im Laufe der Zeit schmälern.Tipp: Verstehen Sie die Umschlagshäufigkeit und die damit verbundenen Reibungskosten der von Ihnen genutzten Momentum-Strategie, um spätere Überraschungen zu vermeiden.
Kosten des Alpha: Momentum-Alpha ist nicht kostenlos; es birgt Risiken. Die folgende Grafik zeigt die Verteilung der monatlichen Renditen des Momentum-Faktors über die letzten 20 Jahre. Sie zeigt:
Die Renditen sind positiv schief verteilt. Sie erzielen mehr Monate mit positiven als mit negativen Renditen. Das ist großartig für einen Asset Allokator, da Sie eine konsistente Alpha-Erfassung wünschen. Der Median der Renditen impliziert ein jährliches Alpha von 15,7 %. Anders ausgedrückt: 50 % der Zeit erzielen Sie jedes Jahr 15,7 % oder mehr!
Die Renditen weisen eine übermäßige Kurtosis auf – „fat tails“. Der Nachteil der Nutzung des Momentum-Faktors ist, dass es einige Male vorkommen wird, dass die Renditen viel schlechter als der Markt sind. Der Value-at-Risk (VaR) des Momentum-Faktors liegt bei etwa 95 % bei 27,5 %. Dies bedeutet, dass Sie in einem Worst-Case-Szenario – 5 % Wahrscheinlichkeit – mehr als 27,5 % in einem Jahr verlieren würden. Das bedeutet einfach: Wenn die Renditen schlecht sind, sind sie wirklich schlecht!
Grafik 1: Verteilung der Momentum-Faktorrenditen mit Überlagerung einer Normalverteilung

Quelle: Elston Research, Fama-French Data Library
Insgesamtbietet der Momentum-Faktor trotz seiner Risiken immer noch einige der besten Möglichkeiten zur Alpha-Generierung. Es erfordert jedoch einen geschickten Asset Allokator, um zu wissen, wie und wann diese Strategie in ein Portfolio integriert werden soll.
Hoshang Daroga ist Investment Director bei Elston Consulting




