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ETF-Einblick: Hochzinsanleihen weisen den Weg für Innovationen bei Renten-ETFs

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Angesichts der Zinskurve und weiterer Zentralbank-Lockerungen stehen Hochzinsanleihen (High Yield Bonds) im Fokus. Ihre Attraktivität und ihr Potenzial für den Einsatz von ETFs im Rentenbereich verdienen eine genauere Betrachtung.

Eine Analyse von BMO von Anfang des Monats deutet darauf hin, dass die jüngste Lockerungspolitik der US-Notenbank (Federal Reserve) und der EZB die Unternehmensgewinne belasten könnte.

Dies beeinflusst Aktien- und Anleihekurse. Insbesondere die Fähigkeit von Unternehmensanleihen guter Bonität (Investment Grade) , eine anständige Rendite zu erzielen, wird laut Terry Wood, Leiter ETF-Portfoliomanagement für die EMEA-Region bei BMO, beeinträchtigt.

Anleger sollten ihre Erwartungen an ihre Anleihebestände überdenken. Zwar ist in unsicheren Zeiten Vorsicht geboten, doch in einem Umfeld gedämpfter Rezessionssorgen durch eine lockerere Geldpolitik könnten Hochzinsanleihen weiterhin attraktivere Renditen bieten als ihre risikoärmeren Pendants mit Investment-Grade-Rating, so Wood.

Risk-on

Wood bezeichnet Hochzinsanleihen als „Risk-on-Substitut“. Sie bieten Anlegern aktienähnliche Renditen bei geringerer Volatilität.

Antoine Lesne, Leiter ETF-Research und -Strategie für die EMEA-Region bei State Street, bestätigt diese Einschätzung. Der Bloomberg Barclays Global High Yield Index stieg im Jahresverlauf bisher um 9,95 %. Dies sei auf das unterstützende makroökonomische Umfeld und die Nachfrage der Anleger nach Rendite zurückzuführen.

Die Höhe dieser Performance ist kein neues Phänomen und zieht Anleger in diese Anlageklasse, fügt er hinzu.

Über die letzten 25 Jahre übertrafen die Renditen des globalen Hochzinsmarktes in 13 Jahren die Marke von plus oder minus 10 %. Der MSCI World Index erreichte dies in 18 von 25 Jahren, während globale Staatsanleihen (Global Treasuries) dies nur in sieben Jahren schafften – unterstützt durch ihre längere Duration im Vergleich zu Hochzinsanleihen.

Die Rendite von Hochzinsanleihen liegt irgendwo zwischen Aktien und renditeschwachen festverzinslichen Anlagen wie Staatsanleihen. Hochzinsanleihen bieten zudem Zugang zu Emittenten, die sich nicht mit Aktienemittenten oder konservativeren Anleiheemittenten wie Staatsanleihen und Unternehmensanleihen guter Bonität überschneiden, so Hui Sien Koay, iShares Fixed Income Strategist für die EMEA-Region bei BlackRock.

Wichtige Erkenntnis: Festverzinsliche Wertpapiere

Peter Sleep, Senior Portfolio Manager bei 7IM, beziffert dies. Langfristige Renditen für Hochzinsanleihen schätzt er auf etwa 5 %. Unternehmensanleihen guter Bonität liegen bei etwa 3 %, Aktien bei rund 7-8 %.

Die Volatilität von Hochzinsanleihen liegt laut Sleep bei etwa 9 % pro Jahr. Das ist höher als bei Unternehmensanleihen guter Bonität (6 %), aber niedriger als bei Aktien (oft 15-25 %).

Hochzinsanleihen fallen oft gleichzeitig mit Aktienmärkten. Die Mathematik bestätigt dies: Die Korrelation von Hochzinsanleihen mit Aktienmärkten ist relativ hoch, während die Korrelation von Unternehmensanleihen guter Bonität sehr schwach ist, fügt er hinzu.

Neben der Korrelation ist die Liquidität ein wichtiger Faktor. Hier spielen ETFs eine entscheidende Rolle. Paul Syms, Leiter ETF-Produkt für festverzinsliche Wertpapiere in der EMEA-Region bei Invesco, erklärt, dass bisher keine größeren Stresssignale am Hochzinsmarkt auftraten. Die Liquidität war somit kein Problem. Dennoch gab es in diesem Jahr starke Zuflüsse in Hochzins-ETFs. Diese Entwicklung sollte sorgfältig beobachtet werden.

Laut State Street Daten flossen in diesem Jahr bisher 7 Milliarden US-Dollar in europäisch domizilierte Hochzins-ETFs. Dies ist Teil eines breiteren Trends zur verstärkten Nutzung von ETFs für Anlagen in festverzinsliche Wertpapiere.

Die Vorteile, insbesondere in Bezug auf Liquidität und Flexibilität bei der Ausführung von Transaktionen, sind attraktiv. Der US-Hochzinsmarkt zeigt beispielhaft, wie ETFs die Liquidität des breiteren Marktes ergänzen.

Syms fügt hinzu, dass Renten-ETFs immer „granulärer“ werden.

So können Anleger im Hochzinsbereich beispielsweise Emittenten gezielt ansprechen, die kürzlich von Investment Grade zu High Yield herabgestuft wurden („Fallen Angels“). Oder sie investieren in Wertpapiere, deren Rendite sich aus der Kapitalstruktur ergibt, wie AT1-Coins (contingent convertible bonds).

Sich wandelnde Wahrnehmungen

Die Liquidität von Hochzins-ETFs wurde in Marktstresszeiten als Bedenken genannt. Doch laut Lesne sind die Bestände in Hochzins-ETFs, sowohl im Primär- als auch im Sekundärmarkt, im Vergleich zum Kassamarkt für Hochzinsanleihen gering.

Selbst in Marktstresszeiten gibt es genügend Sekundärmarktliquidität für ETFs, damit Anleger handeln können, ohne den Primärmarkt und damit den breiteren Kassamarkt zu belasten. Sollten Anleger gleichzeitig versuchen, ihre Anteile zurückzugeben, könnte der primäre ETF-Markt als Liquiditätsquelle dienen, insbesondere angesichts des Handelsvolumens auf dem US-Hochzins-Kassamarkt.

Sien von BlackRock ergänzt, dass ETFs im Rentenbereich eine stabilisierende Rolle spielen, was sich immer wieder gezeigt habe.

Im Dezember 2018, einem für Anleger ungewöhnlich volatilen Monat, erreichte der börsengehandelte Umsatz mit US-Hochzins-Unternehmensanleihen-ETFs einen monatlichen Rekord von 72 Milliarden US-Dollar. Der Handel mit einzelnen Hochzinsanleihen fiel auf 154 Milliarden US-Dollar, den niedrigsten Wert seit vier Jahren. Diese Episode unterstrich, wie ETFs zusätzliche Liquidität bereitstellen und gesunde Kapitalmärkte aufrechterhalten.

Die Bedeutung von ETFs als Liquiditätslieferant reicht sogar bis zum Crash von 2008 zurück. Effizient gehandelte Anleihen-ETFs waren während und nach der Krise kontinuierlich an der Börse verfügbar und boten großen Investoren eine dringend benötigte Alternative. Die institutionelle Akzeptanz führte zu höheren Handelsvolumina und schuf die Grundlage für den heutigen liquiden Anleihen-ETF-Markt.

In Europa hat die Einführung derMiFID II die Transparenz des ETF-Anleihenhandels erhöht. Dies fördert die weitere Akzeptanz von Anleihen-ETFs, indem es Anlegern die dringend benötigte Transparenz im Handel mit Anleihenmärkten bietet, so Sien.

Angesichts des aktuellen makroökonomischen Umfelds und der bereits bedeutenden Rolle von ETFs im Rentenbereich stellt sich die Frage: Wie wird sich der Markt für Renten-ETFs weiterentwickeln?

Syms von Invesco erwartet weitere Granularität. Die erste Welle von Renten-ETFs konzentrierte sich auf kostengünstigen Zugang zu breiten Renten-Benchmarks wie Staatsanleihen oder Anleihen guter Bonität. Mittlerweile gibt es Produkte mit engeren Benchmarks, wie Laufzeitbändern oder Einzelländer-Exposure innerhalb der Rentenanlageklassen.

Ähnlich wie bei Innovationen und zahlreichen Fondsneueinführungen in den Bereichen Smart Beta und ESG erwartet Lesne, dass die zunehmende Reife von Renten-ETFs zu mehr Innovationen führen wird. Die Akzeptanz von ETFs als Vehikel für den Zugang zu traditionellen und Nischen-Rentenmärkten wird weiter zunehmen.

Das makroökonomische Umfeld spielt ebenfalls eine Rolle. Niedrige Zinsen führen zu weiteren Verhaltensänderungen bei Anlegern, da die Möglichkeiten für aktive Manager, Alpha zu generieren, begrenzt erscheinen. Da Anleger nach höheren Renditen suchen, wird der ETF-Markt voraussichtlich weiterhin Produkte auflegen, um diese Nachfrage zu befriedigen.

Sien fügt hinzu, dass sich in der Pipeline befindliche Innovationen – oder bereits eingesetzte wie währungsgesicherte Anleihen-ETFs – institutionellen Anlegern die Möglichkeit geben, Portfolios zu kalibrieren. Sie können Kredit- und Duration-Risiken ausbalancieren oder Anleihen nach Merkmalen wie Qualität und Wert auswählen.

Auch ESG wird eine Rolle spielen. Die Nachfrage nach nachhaltigen Anleihen-ETFs wird steigen, da mehr Anleger ihre persönlichen Werte mit ihren Anlagen in Einklang bringen wollen. Immer mehr Anleihen-ETFs werden ESG-Kriterien in ihre Methodik integrieren oder grüne Anleihen finanzieren, die nachhaltige Projekte wie Solaranlagen und saubere Mobilität fördern.

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