In diesem Jahr haben bereits 25 neue Wettbewerber den europäischen ETF-Markt betreten, dessen Volumen inzwischen 3 Bio. US-Dollar erreicht. Der Wettlauf um Marktanteile und die Erweiterung der Präsenz wird immer intensiver.
Auch aktive Fondsmanager erkennen zunehmend ETFs als attraktiven Wachstumshebel. Hintergrund sind regulatorische Änderungen in Europa, die bestehende Geschäftsmodelle tiefgreifend verändern und neue Umsatzquellen erschließen.
Traditionelle Fondsanbieter sehen darin vor allem eine Chance, von der steigenden Nachfrage privater Anleger zu profitieren. Regierungen in Großbritannien und auf dem Kontinent treiben den Umbau der privaten Sparanlagen voran – weg von liquiden Mitteln, hin zu langfristigen Investments.
Eine Umfrage unter 200 Führungskräften von Vermögensverwaltern, veröffentlicht von Carne, Europas größtem unabhängigen Third-Party-Management-Unternehmen, zeigt: 51 % der traditionellen Anbieter halten die Entwicklung aktiver ETFs in den kommenden zwei Jahren für vorrangig.
Gleichzeitig sind weniger als ein Viertel (23 %) zuversichtlich, dass ihr internes Team die komplexen Anforderungen bei der Umsetzung und Verwaltung aktiver ETFs zuverlässig bewältigen kann. Carne betreut vor allem Manager, die sich für die Herausforderungen des europäischen ETF-Ökosystems nicht ausreichend gerüstet sehen.
Der Wettbewerb um Kooperationen mit potenziellen ETF-Neueinsteigern verschärft sich rapide – sowohl unter Banken als auch spezialisierten Dienstleistern. JPMorgan veranstaltete in London ein großes ETF-Event mit rund 200 Teilnehmern. Ziel war es, die Möglichkeiten der Wertpapierabteilung und der Marktabteilung für Fondsmanager aufzuzeigen, die den Start aktiver ETFs planen.
US-Vermögensverwalter richten ihr Augenmerk verstärkt auf Europa, seit die ETF-Vermögen die Marke von 3 Bio. US-Dollar überschritten haben, erläutert Ciarán Fitzpatrick, globaler Leiter ETF-Produkte bei JPMorgan. Die Bedeutung der Veranstaltung für JPMorgan zeigte sich auch an prominenten Gästen: Alastair Campbell, früherer Pressesprecher von Premierminister Tony Blair, hielt eine Gastrede.
Regulatorisch besonders relevant für die Teilnehmer waren die Erläuterungen von Catharine Dwyer. Sie leitet einerseits die Einheit für die Genehmigung von Fondsmanagern und verantwortet andererseits komplexe Produkte bei der Zentralbank von Irland. Dwyer berichtet, dass die CBI seit ihrer Ankündigung im April, semitransparente ETFs zu genehmigen, regelmäßig aktive Manager berät. Diese Entscheidung folgte auf eine ähnliche Maßnahme der Luxemburger Aufsicht im Dezember 2024.
Die Aussicht auf zahlreiche Neueinsteiger verstärkt den Wettbewerb um Startkapital und wirft Fragen zu potenziellen Engpässen auf, die insbesondere die Einführung aktiver ETFs verzögern könnten.
Die Entscheidung über die Zuweisung von Seed-Kapital, das neuen ETFs zu Beginn ausreichende Liquidität sichert, wird für Market Maker und Banken zunehmend komplex. Market Maker können für ihre Liquiditätsbereitstellung von Fondsmanagern vergütet werden. Solche Vereinbarungen sind jedoch zwischen Fondsmanagern und autorisierten Teilnehmern (authorized participants, APs) nicht zulässig, obwohl APs eine zentrale Rolle im ETF-Erstellungs- und Rücknahmeprozess spielen.
JPMorgan priorisiert daher die Zusammenarbeit als AP, wenn ein Emittent bereits Partnerschaften mit den Wertpapier- und Marktabteilungen aufgebaut hat. Die Teams arbeiten enger zusammen, um auf die steigende Nachfrage aktiver Manager zu reagieren – unter anderem durch das Wachstum elektronischer Anleihenmärkte und Fixed-Income-ETFs in Europa.
Neue Partnerschaften und Kooperationen entstehen derzeit rasant im europäischen ETF-Ökosystem. State Street Investment Management sucht weitere Partner, nachdem Deals mit Fideuram und Columbia Threadneedle abgeschlossen wurden, erklärte Matteo Andreetto von SSIM in einem Interview.
Ein weiteres Beispiel: Citigroup erwarb im Juli eine Minderheitsbeteiligung an der ETF-White-Label-Plattform HANetf. Beide Unternehmen bündeln ihre Kompetenzen, um potenziellen Kunden ein attraktiveres Serviceangebot zu machen.
Doch selbst hohe Investitionen in Personal und Technologie garantieren keinen Erfolg. Die Einstellung der Goldman Sachs Accelerator-Plattform zeigt die Risiken deutlich. Die potenziellen Gewinne bei einer erfolgreichen aktiven ETF-Struktur können jedoch erheblich sein – vor allem, wenn sie den Bedürfnissen großer institutioneller Anleger entspricht. So investierte die finnische Rentenversicherung Varma vergangene Woche 400 Mio. Euro in den BetaPlus Enhanced European Select Equity UCITS ETF (BPUE) von Nordea.
Solche „großen Tickets“ werden andere aktive Manager aufmerksam machen und den Handlungsdruck erhöhen: Der Einstieg in den ETF-Markt erscheint unvermeidlich.








