Frank Huttel expert
ETF Buyers Club
Interview

Experten: ETF-Akzeptanz bei deutschen Beratern „sehr begrenzt“

Expert Investors ist eine Serie, in der ETF Stream Fondsselektoren interviewt. Sie beleuchten die Rolle von ETFs in ihrer Vermögensallokation. Diesen Monat im Fokus: Frank Huttel, Mitgründer von vividam, dem Robo-Advisor der FiNet Asset Management.

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Ein grundlegender Sinneswandel ist bei älteren deutschen Finanzberatern nötig, um ETFs wirklich zu akzeptieren. Nur dann kann das Produkt auch bei Kunden eine breitere Akzeptanz finden. Das sagt Frank Huttel, Mitgründer von vividam, dem Robo-Advisor der FiNet Asset Management.

Deutschland bleibt Europas größter ETF-Markt. Ein erheblicher Teil dieses Wachstums wird durch die Beliebtheit von ETF-Sparplänen bei jüngeren Privatanlegern getragen. Doch festgefahrene Gewohnheiten bei älteren Finanzberatern bremsen die ETF-Adoption in diesem Segment weiter aus.

„Die ETF-Akzeptanz kommt“, sagt Huttel. „Aber es ist noch ein langsames Feuer.“

Nach seinen Beobachtungen ist die ETF-Nutzung bei deutschen Beratern derzeit noch „sehr begrenzt“ – und das vor allem altersbedingt.

„Ein typischer Berater in unserem Netzwerk ist etwa 55 bis 60 Jahre alt, also eher ältere Generation“, sagte er gegenüber ETF Stream. „Sie nutzen immer noch hauptsächlich konventionelle, aktiv gemanagte Fonds.“

Zusätzlich sieht Huttel das aktuelle Gebührenmodell als weitere Hürde für eine breitere ETF-Nutzung. Viele ältere Berater erhalten Provisionen (Kickbacks) für die Empfehlung aktiv gemanagter Fonds. Ein Wechsel zu ETFs ist daher auch wirtschaftlich unattraktiv.

„Viele von ihnen bestreiten ihr Einkommen über Kickbacks“, erklärt Huttel. „Nach zehn Jahren zum Kunden zu gehen und zu sagen: ‚Nun möchte ich Ihnen eine Servicegebühr von einem Prozent pro Jahr berechnen und wir wechseln zu ETFs‘ – das passiert nicht sehr oft.“

Plattformbeschränkungen

Selbst Berater, die offen für Veränderungen sind, stoßen häufig auf technische Hürden. Der ETF-Handel erfordert entsprechende Plattformzugänge – und die sind in Deutschland nach Huttels Einschätzung längst nicht selbstverständlich.

„Wenn Sie eine ‚normale‘ Plattform haben, ist Ihre ETF-Auswahl begrenzt“, erklärt er. „Man kann nicht einfach alles an der Börse handeln. Die Plattformen brauchen oft lange, um neue Produkte hinzuzufügen. Der Markt bewegt sich schnell – ständig werden neue ETFs aufgelegt, und die Plattformen versuchen, Schritt zu halten.“

Hinzu kommt, dass viele ältere Berater zögern, ihre bestehenden Fondsauswahlen zu überarbeiten – insbesondere, wenn sie bereits an den Ruhestand oder den Verkauf ihres Geschäfts denken.

„Sie kennen ihre Produkte seit Jahren und wollen keine Veränderung“, sagt Huttel. „Wenn sie sich ihrem 60. Lebensjahr nähern, denken sie an den Verkauf des Geschäfts, nicht an dessen Umgestaltung.“

Überfordert von der Auswahl

Auch die schiere Menge an neuen Produkten, vor allem in Nischenbereichen, schreckt viele Berater ab, so Huttel.

„Es gibt inzwischen so viele ETFs – physisch, synthetisch, gehebelt, ungesichert“, sagt er. „Es ist nicht einfach, den richtigen zu finden, besonders wenn man nicht die passenden Werkzeuge hat. Manche sagen einfach: ‚Okay, ich gebe auf.‘“

„Man kann in Irland innerhalb von fünf Tagen einen ETF auflegen – so schnell geht das“, fügt er hinzu. „Aber viele Nischenprodukte verschwinden nach sechs Monaten wieder, wenn sie keine Nachfrage finden.“

Huttel selbst bleibt lieber bei bewährten Produkten mit breiter Marktdeckung, langer Historie und hoher Liquidität.

„Ich verwende die klassischen ETFs – schlichte Produkte, die seit Jahren am Markt sind und ausreichend verwaltetes Vermögen haben“, sagt er. „Ich jage keine Nischen-ETFs. Ich beobachte aktiv gemanagte ETFs, aber ich bin lieber der zweite oder dritte Nachzügler, nicht der erste. Zu schnelles Handeln kann manchmal teuer werden.“

Sparpläne keine Bedrohung

Deutschlands boomender Markt für ETF-Sparpläne, der vor allem jüngere Privatanleger anzieht, wirft die Frage auf, ob er die traditionelle Rolle von Vermögensverwaltern, die auf aktive Fonds setzen, untergräbt.

„Wir müssen diese Kluft zwischen aktiv und passiv überwinden“, sagt Huttel. „Ich wurde kürzlich zu dieser ganzen Debatte befragt, aber ich halte sie für falsch geführt. Es gibt kein wirklich passives Investieren – jede Entscheidung ist letztlich aktiv.“

„Wenn Sie entscheiden, einen bestimmten Prozentsatz in Anleihen und einen bestimmten Prozentsatz in Aktien zu investieren, ist das bereits eine aktive Wahl. Am Ende zählt nur, das Produkt zu nutzen, das zur Strategie passt – und für den Kunden so kosteneffizient wie möglich ist.“

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