Das Vereinigte Königreich startete das neue Jahr gefährlich nah an einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen (Gilt Yield) stieg auf 4,8% – der höchste Wert seit 2008. Das Britische Pfund fiel gleichzeitig auf den tiefsten Stand seit über einem Jahr bei 1,23 US-Dollar. Dies gefährdet die Bemühungen von Rachel Reeves, das Vertrauen der Kapitalmärkte zu gewinnen. Ihre Fiskalpläne, die niedrigere langfristige Zinssätze annahmen, sind ebenfalls in Gefahr.
Fairerweise muss man sagen, dass nicht alles in der Verantwortung Großbritanniens liegt. Erstens korreliert der britische Anleihenmarkt (Gilt Market) teilweise mit der Entwicklung in den USA. Angesichts der Trump'schen Erzählung von niedrigeren Steuern und Deregulierung steigen die Renditen US-Staatsanleihen stark an.
Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen liegt nun knapp unter 4,7%. Treiber sind vor allem nachvollziehbare Bewegungen bei den Realrenditen, also den Wachstumserwartungen. Dies übt wiederum Aufwärtsdruck auf die britischen Gilt Yields aus.
Zweitens ist der US-Dollar generell stark, da die US-Wirtschaft floriert. Die Federal Reserve deutete an, dass Zinssenkungen in diesem Jahr langsamer erfolgen könnten. Dies zieht weltweites Kapital an, das solide risikobereinigte Renditen sucht. Der Dollar profitiert davon zum Nachteil der meisten anderen Währungen.
Doch damit ist die Gnade für Großbritannien weitgehend erschöpft. Der Rest dieser Zeitlupenkrise ist hausgemacht. Rachel Reeves ließ in ihrem Haushalt vom Oktober kaum Spielraum für ihre fiskalischen Kernziele – nur knapp 10 Milliarden Pfund.
Dieser Puffer ist nun durch die höheren Finanzierungskosten wegen gestiegener langfristiger Zinsen, die der Gilt Market bestimmt, praktisch aufgebraucht. Verbessert sich die Marktlage nicht, drohen ungemütliche Zwischenrufe. Entweder Steuererhöhungen – wirtschaftlich schwierig – oder Ausgabenkürzungen – politisch schwierig.
Die Ironie: Premierminister Starmer sprach wiederholt davon, Liz Truss habe die Wirtschaft „an die Wand gefahren“. Doch die Gilt Yields sind heute höher als nach Truss‘ berüchtigtem Mini-Budget 2022. Die Unterlassungserklärung von Truss‘ Anwälten an Sir Keir könnte unnötig sein. Die neue Regierung versucht, eine sich selbst zugefügte Krise einzudämmen.
Chart 1: Redux 2022

Quelle: Bloomberg
Für Skeptiker ist dies keine Überraschung. Es ist nur ein weiterer Meilenstein auf dem langen Weg des säkularen Niedergangs Großbritanniens.
Im Jahr 1900 war das Pfund satte 4,86 US-Dollar wert. Nicht alle britischen Anleger sind niedergeschlagen. Für jene mit starker Gewichtung in US-Aktien, deren Portfolios in Pfund bilanziert sind – aber nicht währungsgesichert – sind dies tatsächlich goldene Zeiten.
Julian Howard ist Chef-Multi-Asset-Investmentstratege bei GAM Investments.



