Staatsanleihen und ESG – das ist für Anleger lange ein schwieriges Thema. Kaum ein Produkt am Markt, das dies ohneerhebliche Herausforderungenschafft.
Die Einflussmöglichkeiten eines ETF-Anbieters auf die Umweltschutz-, Sozial- und Governance-Praktiken von Regierungen sind bestenfalls begrenzt. Zudem macht die Vielzahl an Kriterien, die eine ESG-Bewertung eines Landes beeinflussen können – wie Klimapolitik, Waffenexporte und Menschenrechtsgesetze –, das Thema zu einem Minenfeld für Investoren.
Das Thema rückte letzte Woche erneut in den Fokus, als DWSeinenglobale Staatsanleihen-ESG-ETF auf Basis eines Frameworks von FTSE Russell auflegte.
Der deutsche Vermögensverwalter hebt hervor, dass der Fonds – der Xtrackers ESG Global Government Bond UCITS ETF (XZWG) – mehrere Schlüsselfunktionen besitzt, die ihn von früheren ESG-Staatsanleihen-ETFs unterscheiden. Er versucht, das Problem zu lösen, das bisher ähnliche Produkteplagte.
Hoher „Active Share“
Eine zentrale Differenzierung des XZWG sei laut DWS sein hoher Active Share. Dieser misst, wie stark sich das Portfolio vom zugrunde liegenden Benchmark unterscheidet. Der Fonds gewichtet über 41 „strikte“ ESG-Indikatoren Übergewichte und Untergewichte.
Die ESG-Scores für jedes Land werden anhand von drei Säulen gemessen: „E“, „S“ und „G“.
Die Umweltleistung wird durch Kennzahlen zu Energie, Klima und Ressourcen bestimmt. Die soziale Leistung berücksichtigt Ungleichheit, Beschäftigung, Humankapital, Gesundheit und soziales Wohlergehen. Die Governance bewertet Korruption, staatliche Effektivität, politische Stabilität, Regulierungsqualität, Rechtsstaatlichkeit sowie Mitsprache und Rechenschaftspflicht.
Oberflächlich betrachtet sind die ESG-Ausrichtungen des XZWG strenger als bei vergleichbaren Fonds.
Beispielsweise schließt der UBS ETF J.P. Morgan Global Government ESG Liquid Bond UCITS ETF (EGOV) – derzeit der einzige UCITS-ETF mit „ESG“-Label, der globale Staatsanleihen abbildet – die zehn schlechtesten Länder basierend auf zehn ESG-Leistungsbändern aus. Der XZWG geht hier deutlich weiter.
Simon Klein, Head of Passive Sales bei DWS, erklärt: „Das Produkt wird nicht aktiv gemanagt. Das Hauptmerkmal ist jedoch der hohe Active Share im Vergleich zum Benchmark. Das führt beispielsweise zu einem deutlichen Untergewicht der USA und einem Übergewicht Deutschlands.“
Obwohl die USA als größter CO2-Emittent der Welt und Land mit Todesstrafe in diesem ETF untergewichtet sind, stellen sie mit 26,1 % immer noch die größte Position dar. Zum Vergleich: Im EGOV-ETF liegt der Anteil bei 42,2 %.
Klein fügt hinzu: „Die Herausforderung besteht darin, einen Active Share zu haben, der auch den Tracking Error begrenzt und gleichzeitig ESG-Verbesserungen vorantreibt. Ohne Active Share verbessert man den ESG-Score nicht.“
Brad Holland, Director of Investment Strategy bei Nutmeg, betont die wichtige Rolle globaler Staatsanleihen für die Portfoliodiversifikation. Ein ESG-Fokus, wie beim XZWG, verstärke dies noch.
„Ein ESG-Fokus bei globalen Staatsanleihen-Portfolios bietet nicht nur eine zusätzliche Diversifizierungsebene, sondern erfasst auch den schnell wachsenden Anlagentrend, zwischen guten und schlechten Akteuren zu unterscheiden, wenn man eine ESG-Brille aufsetzt“, sagt er.
Begrenzte Fortschritte
Zudem schließt der Index Länder aus, die von der Non-Profit-Organisation Freedom House nicht als „frei“ eingestuft werden. Dies ist eine weitere wichtige Ergänzung, die in anderen ESG-Staatsanleihen-ETFs fehlt.
Ein Blick auf Schwellenländer: Der L&G ESG Emerging Markets Government Bond (USD) 0-5 Year UCITS ETF (EMD5) umfasst Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman, Saudi-Arabien und Katar. Diese Länder sind für ihre schlechte Menschenrechtslage bekannt und werden von Freedom House als „nicht frei“ eingestuft.
Trotz der Verbesserungen durch den höheren Active Share und die stärkere ESG-Ausrichtung ist es aufgrund der unterschiedlichen Scoring- und Bewertungssysteme schwierig zu beurteilen, ob wesentliche Fortschritte erzielt wurden.
Darüber hinaus löst der XZWG nicht das Problem des fehlenden Engagements, das diese Anlageklasse so stark beeinträchtigt.
Terry McGivern, Senior Research Analyst bei AJ Bell, äußert sich zum generellen Marktproblem: „Die Größe und das Ausmaß des Marktes für Staatsanleihen entwickelter Länder sowie die Dominanz weniger großer Emittenten bedeuten, dass das Engagement und die Fähigkeit der Anleger, etwas zu bewegen und Veränderungen anzustoßen, stumpf werden.“
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