Der Unterschied zwischen Risiko und Unsicherheit klingt vielleicht geringfügig, ist es aber nicht. Risiko bezieht sich auf quantifizierbare Größen, die auf einer hinreichenden Datenbasis beruhen. Unsicherheit hingegen betrifft nicht quantifizierbare Faktoren. Geopolitische Ereignisse sind naturgemäß von Unsicherheit geprägt und bergen eine Vielzahl unbekannter Auswirkungen.
Das Bild, das sich aus den Ereignissen seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ergibt, ist das einer Kriegswirtschaft. Insbesondere für Europa führt dies zwangsläufig zu fiskalischer Expansion und wahrscheinlich anhaltender Inflation.
Handelspolitik ist Teil der sich wandelnden Geopolitik. Die zunehmenden Spannungen zwischen Europa, den USA und China bergen ebenfalls Unsicherheiten und Inflationsrisiken.
Chinas exportorientierte Wirtschaft verfolgt Politiken, die im Widerspruch zu den nationalen Sicherheitsinteressen Europas und der USA stehen. Zölle und Industriepolitik werden daher voraussichtlich an Bedeutung gewinnen.
Chinas exportgetriebene Wirtschaft reagiert empfindlich auf Wechselkursentwicklungen im Vergleich zu Wettbewerbern. Hierbei stellt der japanische Yen ein wesentliches Risiko dar, wie unsere Devisenstrategiechefin Charu Chanana in ihrem Kommentar erläutert:Chinas Yuan: Doppelschlag durch Dollarstärke und Yen-Schwäche.
Möglicherweise stehen wir vor einer grundlegenden Neuausrichtung der Devisenmärkte. Südkoreas Finanzwächter machten heute deutlich, dass "übermäßige einseitige Wechselkursbewegungen" nicht toleriert würden.
Was sollten Anleger bei der Portfoliogestaltung berücksichtigen, um zukünftigen Turbulenzen standzuhalten?
Die Vermögensallokation war in der Vergangenheit einfach: 40 Jahre fallende Anleiherenditen, eine relativ stabile Geopolitik, positive demografische Entwicklungen, keine Klimakatastrophen und niedrige Inflation.
Künftig wird ein kluger Anleger die veränderte Welt berücksichtigen. Könnte ein Anleger nicht einfach zu 100 % auf Aktien setzen und darauf hoffen, dass sich die Geschichte wiederholt?
Angesichts des sich abzeichnenden Bildes struktureller Brüche in unserer globalen Wirtschaft, bedingt durch die genannten Faktoren, wäre es naiv, einfach das fortzusetzen, was seit den frühen 1980er Jahren funktionierte.
Dies sind einige der Bausteine, die Anleger in ihrem Portfolio berücksichtigen sollten, um es für eine breite Palette von Szenarien in der Ära der Kriegswirtschaft und stark negativer demografischer Trends zu stärken.
Im Wesentlichen weichen die nachfolgenden Vorschläge vom traditionellen 60/40-Portfolio ab – 60 % Aktien und 40 % langfristige Anleihen. Wir geben keine Portfolio-Gewichtungen an, da jeder Anleger individuell ist.
Aktien-Themen:Halbleiter/KIda diese Technologie zukünftig Machtfaktoren bestimmen wird,Verteidigungda Europa erhebliche Defizite bei militärischen Fähigkeiten aufweist und neue Technologien zur Abwehr von Drohnenschwärmen benötigt werden. Cybersicherheit ist das neue Schlüsselbetriebssystem für Regierungen und Unternehmen. Erneuerbare Energien bergen aus Sicht der nationalen Sicherheit geringere Risiken, da keine Brennstoffquelle benötigt wird und Energieanlagen dezentralisiert verteilt werden können, was von Natur aus Risiken reduziert.
Aktien-Sektoren: In unserem Quartalsausblick nennen wir die vier strategisch attraktivsten Sektoren (langfristige Anlage) für den Moment: Gesundheitswesen, Technologie, Finanzwesen und Energie. Diese Sektoren haben basierend auf den uns heute vorliegenden Informationen die beste Wahrscheinlichkeit, über die nächsten 10 Jahre starke Realrenditen zu erzielen.
Gold: Gold war historisch eine gute diversifizierende Komponente in Kriegs- und Inflationszeiten, und die jüngste geopolitische Periode hat diesen Punkt erneut bestätigt.
Rohstoffe: Die schwerwiegendsten Inflationsschocks der Geschichte waren mit rapide steigenden Rohstoffpreisen verbunden. Eine Allokation in Rohstoffe ist daher für die Kriegswirtschaft und zur Absicherung gegen Inflationsschocks sinnvoll. Die grüne Transformation könnte ebenfalls nachhaltige Trends bei wichtigen Rohstoffen, einschließlich Kupfer, auslösen.
Kurzfristige und inflationsgeschützte Anleihen: Da die Inflation hartnäckiger ist als erwartet, sind inflationsgeschützte Anleihen eine Überlegung wert. Ihr Nennwert wird entsprechend dem offiziellen Verbraucherpreisindex angepasst. Kurzfristige Anleihen bieten Flexibilität und verhalten sich im Wesentlichen wie Bargeld, da sie eine geringe Duration aufweisen und somit bei großer Inflationsunsicherheit weniger riskant sind.
Peter Garnry ist Leiter der Aktienstrategie bei Saxo Bank.



