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Privatanleger treiben nächste Wachstumsphase von ETFs

PwC prognostiziert: Globale ETF-Assets könnten 2027 18 Billionen US-Dollar erreichen

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Die globalen ETF-Anlagen sollen in nur fünf Jahren um 50 % auf 15 Billionen US-Dollar wachsen. Deutschland zählt zu den am schnellsten wachsenden Märkten. Daher erkennen immer mehr Deutsche, dassETF-Sparpläne ein unverzichtbarer Baustein für die Altersvorsorge sind. Mit der Fortsetzung dieses Booms werden ETFs voraussichtlich einen größeren Anteil an den Portfolios der Anleger einnehmen.

ETFs erfreuen sich in den letzten zwei Jahrzehnten einer enormen Beliebtheit. Die globalen ETF-Anlagen stiegen von rund 200 Milliarden US-Dollar im Jahr 2003 auf über 9,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2022. Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von über 20 %. Für diese Entwicklung gibt es viele Gründe. Kosten- und Risikogesichtspunkte gehören zu den wichtigsten.

Mit einem ETF lässt sich mit einer einzigen Transaktion ein breit gestreutes Portfolio aus Aktien, Anleihen oder Rohstoffen aufbauen. Das Risiko einer Anlage wird effektiv verteilt. Dies geschieht zu minimalen Kosten im Vergleich zu traditionellen Fonds. Der Grund: ETFs bilden einen Index – wie den DAX – nach, statt aktiv zu versuchen, diesen zu schlagen. Dies ist kostspielig und selten erfolgreich.

Größtes Wachstum in Asien, gefolgt von Europa

Angesichts des rasanten Wachstums der letzten Jahre stellt sich die Frage, ob das Ende der Fahnenstange naht oder ob das Wachstum weitergeht. Eine aktuelle Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC mit dem TitelETFs 2027: Eine Welt neuer Möglichkeiten legt Letzteres nahe. Über 70 Top-Manager weltweit wurden befragt, die Mehrheit davon ETF-Anbieter oder Vermögensverwalter, die ETFs einsetzen. Ihre Schätzungen der globalen ETF-Volumina für 2027 reichten von 11 bis über 18 Billionen US-Dollar, mit einem Erwartungswert von rund 15 Billionen US-Dollar.

Die jährlichen Wachstumsraten bis 2027 variieren je nach Region. Der asiatisch-pazifische Raum dürfte das stärkste Wachstum verzeichnen, mit einer jährlichen Rate von 17 %. Darauf folgt Europa mit 14 %. Der ETF-Markt in den USA, der zwei Drittel der globalen ETF-Assets ausmacht und wahrscheinlich am ehesten gesättigt ist, wird voraussichtlich mit respektablen 13 % jährlich wachsen. Drei Viertel des Geldes fließt derzeit in Aktien-ETFs. Die Nachfrage nach Anleihen-ETFs, die derzeit 20 % ausmachen, dürfte jedoch stetig steigen, insbesondere in Nordamerika.

Deutschland: ETF-Sparpläne im Trend

Woher kommt das Wachstum? Laut den Befragten liegt das größte Wachstumspotenzial bei der Gewinnung von Privatanlegern. Dies gilt insbesondere für Europa, wo institutionelle Anleger den ETF-Markt noch dominieren. Um dies zu erreichen, sollten Anbieter ihre Marken bekannter machen und dieVorteile des ETF-Investments kommunizieren.

Die Befragten erwarten auch, dass die Digitalisierung die Kosten von ETFs und damit die Eintrittsbarrieren weiter senken wird. ETFs, als kostengünstige Anlageinstrumente im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds, könnten daher für noch breitere Anlegerschichten attraktiv werden. Deutschland wird insbesondere als einer der am schnellsten wachsenden Märkte angesehen, angetrieben durch die zunehmende Beliebtheit von ETF-Sparplänen und den wachsenden Trend zu Kapitalmarktinvestitionen.

Mehr aktive, thematische und ESG-ETFs

Große Institutionen werden ihr Produktangebot erweitern. Sie nutzen ihre Expertise, um aktive, thematische und ESG-ETFs zu entwickeln. Die Befragten sehen besonderes Potenzial bei Krypto-Produkten und weniger bei Rohstoffen.

Insbesondere aktive ETFs dürften in den nächsten Jahren eine deutliche Nachfragesteigerung erfahren. Sie bieten Zugang zu einer breiteren Palette von Anlagestrategien, einschließlich solcher, die über passive ETFs traditionell nicht verfügbar sind. Diese Hybridprodukte würden Anleger ansprechen, die von der Expertise aktiver Portfoliomanager profitieren und gleichzeitig die Liquidität und Transparenz von ETFs nutzen möchten.

Machen Privatanleger mit?

Ob sich diese Prognosen bewahrheiten, bleibt abzuwarten. Schließlich fragt man meist ETF-Anbieter nach den Aussichten ihrer Branche. Die Argumente für ein anhaltendes Wachstum sind durchaus plausibel. Aber es könnte auch anders kommen. Kapitalanleger sind oft scheue Wesen – gerade im Retail-Bereich. Wenn die Aktienmärkte stottern, schlägt das Nervenkostüm Purzelbäume.

Das Sparbuch wird dann schnell wieder als die vertrauenswürdigere Alternative zu Kapitalmarktinvestitionen favorisiert. Und davor bleibt auch der ETF-Sektor nicht verschont. Zudem dürfte sich die Erwartung, dass aktiv gemanagte ETFs zu einem wesentlichen Wachstumstreiber werden, nicht erfüllen. Denn die klare Trennung zwischen traditionellen aktiven Fonds und passiv gemanagten ETFs verschwimmt.

Auch eine immer breiter werdende Produktpalette, etwa neue thematische Anlagestrategien, wird nicht zwangsläufig den erhofften Nachfrageschub auslösen. Im Gegenteil: Anleger könnten verunsichert werden, da sie den Überblick verlieren. Und wenn sie sich dann verzweifelt an ihren Bankberater wenden, hilft das dem ETF-Umsatz nicht. Zudem dürfte sich die Erwartung, dass aktiv gemanagte ETFs zu einem wesentlichen Wachstumstreiber werden, nicht erfüllen.

Die klare Trennung zwischen traditionellen aktiven Fonds und passiv gemanagten ETFs verschwimmt. Erschwerend kommt hinzu, dass die laufenden Kosten von aktiven ETFs wahrscheinlich in Richtung der traditionellen Welt tendieren werden. Letztlich wird sich jedoch die Schlüsselfrage stellen, ob thematische oder aktive ETFs ihre konventionellen passiven Pendants in Bezug auf Rendite und Risiko langfristig übertreffen.

Börsen-Neulinge lassen den Markt wachsen

Eine YouGov-Umfrage in14 europäischen Ländern, einschließlich Deutschland, im Auftrag von Blackrock, identifizierte Erstinvestoren als Hauptwachstumstreiber im europäischen ETF-Markt. Ihre Zahl wird zukünftig weiter zunehmen. Sie finden ETFs besonders attraktiv wegen des einfachen Marktzugangs und der niedrigen Kosten.

Survey BlackRock retail

Ein Blick auf die relativen Zahlen zeigt auch, dass noch viel Wachstumspotenzial vorhanden ist. Weltweit stellen die verwalteten Vermögen in ETFs nur einen Bruchteil des Finanzmarktes dar. In Europa werden nur 4,1 % der Aktienanlagen in ETFs gehalten und nur 1,7 % der festverzinslichen Anlagen. Es ist also noch ein langer Weg zu gehen.

Stefan Mittnik ist emeritierter Professor für Finanzökonometrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitgründer von Scalable Capital.

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