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Fabian Behnke
Interview

Vanguard will Deutschlands nächste Generation zu ETF-Investoren machen

Teil einer größeren Kampagne zur Erfassung des europäischen Vermögenstransfers

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Jack Bogle und Vanguard setzen darauf, Europas nächste Generation zu langfristigen ETF-Investoren zu formen. Diese Generation tritt in ein geerbtes Vermögensumfeld ein, muss sich jedoch auf ein schwindendes soziales Sicherungssystem verlassen. Die Wette beginnt bei Eltern in Deutschland, gestützt von politischen Rückenwinden und Vanguards einzigartiger Eigentümerstruktur.

Der Vermögensverwalter aus Malvern bietet seine Fonds seit 2017 auf Europas größtem Investorenmarkt an. 2022 versuchte Vanguard, die Erfolge der US- und britischen DIY-Plattformen mit einem deutschen Pendant zu wiederholen. Die Schließung von Vanguard Invest Direkt nur ein Jahr später lieferte jedoch wertvolle Erkenntnisse.

Erstens: Über eine Million deutsche Anleger nutzten zum Zeitpunkt der Schließung bereits Vanguard-Produkte – beliebt also, aber über andere Kanäle. Zweitens: Diese Kanäle waren hauptsächlich Neobroker und Neobanken. Vanguard musste seine Rivalen zu Partnern machen, um im Wettbewerb mit anderen Fondsanbietern Schritt zu halten.

Unter der Leitung von Fabian Behnke (im Bild), Strategic Account Head Deutschland, begann in der Frankfurter Niederlassung eine Neuausrichtung. Innerhalb von zwei Jahren ging Vanguard Partnerschaften mit elf digitalen Plattformen in Deutschland ein.

Besonders interessant ist, wie das Unternehmen diese Partnerschaften nutzt, um sich als Fürsprecher für langfristiges Investieren zu positionieren – unterstützt von staatlichen Anreizen für Geldanlagen von Kindern.

Frühstart-Rente im Fokus

Im Rahmen des Austauschs mit politischen Entscheidungsträgern war Vanguard maßgeblich an den deutschen „Säule drei“-Rentenreformen beteiligt, bevor die Regierung im letzten Jahr zerfiel, so Behnke. Ein Führungswechsel bremst die Dynamik jedoch nicht: Die Frühstart-Rente steht auf der Agenda der neuen Koalitionsregierung.

Das ab Januar 2026 geplante Modell sieht vor, dass Eltern für jedes Kind monatlich 10 Euro erhalten, die ab dem sechsten Lebensjahr bis zum 18. Geburtstag im Namen des Kindes investiert werden. Anfangs mag die Summe mit 80 Millionen Euro für 800.000 Kinder pro Jahr überschaubar wirken, doch sie markiert den Beginn einer langfristigen politischen Linie, die andere EU-Länder nachahmen könnten.

Die Beiträge sollen vor allem einen Anreiz für Eltern und Kinder darstellen, mit dem Investieren zu beginnen. Vanguard und seine Partner haben deshalb bereits Initiativen gestartet, um Unerfahrene in ihre Anlagestrategie einzuführen.

Deshalb konzentrieren wir uns so auf Sparpläne“, sagt Behnke. „Es geht darum, Politikern zu zeigen: Wir sind bereit, das umzusetzen, was sie wollen. Und wir können – mit unseren Partnern – diese langfristigen, kostengünstigen, diversifizierten Anlagen aufsetzen. Und man muss das Geld nicht bei einer staatlichen Anstalt parken.

Eine Wette auf lebenslange Vanguard-Investoren

Die Partnerschaft zwischen Vanguard und Trade Republic, die im Mai ein Kinderdepot auflegte, spielt dabei eine zentrale Rolle. Bei der Vorstellung warnte Mitgründer Christian Hecker: „Das Rentensystem ist nicht mehr sicher. Unsere Kinder erben ein marodes System und explodierende Staatsschulden. Nur frühzeitiger, eigenverantwortlicher Vermögensaufbau sichert die nächste Generation für den Ruhestand ab.“

Hier kommt die Partnerschaft zwischen Vanguard und Trade Republic ins Spiel, die im Mai das Kinderdepot auflegte.

Kinderspar- und Investmentkonten sind in Deutschland nichts Neues. Banken wie Deutsche Bank, Commerzbank, ING, Consors und andere bieten solche Produkte seit Längerem an.

Das Neue ist die Funktionsweise der neuen Konten: Sie sind schlank, kostengünstig und klar auf den Zweck ausgerichtet, Sparer zu neuen Investoren zu machen.

Eltern wählen aus drei ETFs: Vanguards LifeStrategy 80%, den FTSE All-World und eine ESG-Variante. Die Registrierung erfolgt einfach via Foto der Geburtsurkunde. Eine „Sparpaten“-Funktion erlaubt es Verwandten und Freunden, Beiträge zu leisten.

Es geht nicht darum, Anleger zu erreichen, die bereits für ihre Kinder investieren. Es geht um den ‚Durchschnittsbürger‘. Deshalb muss die Nutzung einfach und verständlich sein, mit wenigen angebotenen Produkten“, erklärt Fabian Behnke, Strategic Account Head Deutschland bei Vanguard.

Passend dazu gibt es nur drei ETFs zur Auswahl: Vanguards LifeStrategy 80 %, den FTSE All-World und eine ESG-Variante. Der Zugang ist bewusst einfach gehalten: Eltern müssen lediglich ein Foto der Geburtsurkunde ihres Kindes hochladen. Eine „Sparpaten“-Funktion ermöglicht es Verwandten und Freunden, ebenfalls Beiträge zu leisten.

Besonders Aufmerksamkeit erregte das „Trade Republic Kindergeld“, eine bewusste Anspielung auf den staatlichen Kindergeld-Zuschuss für den Lebensunterhalt.

Das Feature, das Trade-Republic-Mitgründer Christian Hecker als „Weltneuheit“ beschreibt, berechnet die Höhe der ETF-Gesamtkostenquote (TER), die ein Anleger monatlich zahlen würde. Dieser Betrag wird im Folgemonat automatisch in Bruchstücke des gewählten Vanguard-ETFs reinvestiert – und das bis zum 18. Geburtstag des Kindes.

„Dies ist eine vollständige Rückerstattung der Kosten, die Vanguard normalerweise berechnet“, ergänzt Behnke, zusätzlich zum ohnehin kostenlosen Handel bei Trade Republic. Die wirtschaftliche Logik ist simpel: kurzfristiger Verlust, um Nicht-Investoren zu lebenslangen Vanguard- und Trade-Republic-Kunden zu machen.

Die Resonanz spricht für sich: Im ersten Monat wurden 100.000 neue Konten eröffnet. Die drei ETFs gehören inzwischen zu den beliebtesten unter den zehn Millionen Kunden von Trade Republic in Europa.

Der wahre Test wird sein, ob diese kurzfristigen Anreize langfristige Kundenloyalität erzeugen.

"Wie bei den Junior-ISAs in Großbritannien ist die Annahme, dass ein Kind mit 18 alles abhebt und sich einen Ferrari kauft, falsch", bemerkt Behnke. "Normalerweise investieren die Leute weiter und behalten die Vermögenswerte bei uns. Es geht auch um die demografische Situation – den Vermögenstransfer, der in den kommenden Jahrzehnten stattfinden wird und gerade erst beginnt. Wer früh bei uns startet und den Zinseszinseffekt lernt, wird selten aufhören, bei Vanguard zu investieren.“

Vanguard nutzt dabei seine Eigentümerstruktur als Vorteil. „Wir müssen keine Quartalsgewinne ausweisen. Wir können langfristig denken und diese Chancen über Jahre halten. Das verändert das Anlageverhalten der Menschen“, so Behnke.

Eine breitere Kampagne

Diese Perspektive reicht weit über Deutschland hinaus. Vanguard sieht Chancen, junge Investoren in ganz Kontinentaleuropa zu gewinnen. Behnke berichtet, dass in Frankreich bereits ein ähnliches Angebot gestartet wurde und sein Team derzeit Gespräche führt, um das Partnernetzwerk weiter auszubauen: „Wir sprechen mit anderen Plattformen, die ähnliche Initiativen prüfen, vielleicht mit einem anderen Ansatz. Halten Sie also die Augen offen.“

„Es ist ein schnelllebiger Markt – nicht nur wegen der politischen Entwicklungen in Deutschland, sondern weil alle Vermögensverwalter und Plattformen versuchen, die nächste Generation zu gewinnen.“

Zeitlich fällt diese Debatte mit einer Welle politischer und bildungsbezogener Initiativen zusammen, die sich an Privatanleger in ganz Europa richten. In derselben Woche kündigte die EU Pläne an, steuerlich begünstigte Spar- und Anlagekonten (SIAs) an, die geschätzt zehn Billionen Euro, die derzeit auf Bankkonten liegen, in Investments lenken sollen.

Nur eine Woche zuvor hatte die britische Investment Association mitgeteilt, dass fast die Hälfte aller Privatanleger im Land „wenig bis gar keine Kenntnisse“ über ETFs besitzt. Mit Aufklärungskampagnen, die nächstes Jahr starten, sollen diese Defizite behoben werden – in Partnerschaft mit Vermögensverwaltern.

In den letzten Jahren haben Fondsanbieter fieberhaft ETF-basierte Angebote entwickelt, um bisher wenig erschlossene Segmente des Retail-Marktes zu bedienen. Vanguard und andere zielen nun auf langfristige Veränderungen der europäischen Anlagekultur ab: eine Generation, der von klein auf vermittelt wird, dass ihre Investitionen direkten Einfluss auf ihre Rentenergebnisse haben.

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