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Der Klonkrieg bei synthetischen ETFs beginnt

Ein großer Vermögensverwalter, eine regulatorische Änderung und einige Basispunkte, die alles entscheiden können

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Assetmanager tasten sich noch zögerlich an den Wasserplaneten Kamino heran, doch sie steigern ihre Schlagkraft, indem sie bestehende synthetische ETFs klonen.

Wie bei vielen Entwicklungen im ETF-Bereich heute entstehen diese neuen Duplikate vor allem, um Kosten zu sparen. Gleichzeitig werfen sie die Frage auf, ob Anbieter regulatorische Schlupflöcher ausnutzen, die eigentlich dazu dienen, Schäden durch Standardisierungen zwischen Marktteilnehmern zu verhindern.Größere Fonds sind in der Regel erfolgreicher, wenn es gilt, auf Kaufempfehlungslisten (Buy Lists) zu gelangen und engere Spreads zu erzielen. Doch Skaleneffekte verursachen bei synthetischen ETFs inzwischen Zusatzkosten, die Emittenten möglichst vermeiden wollen.

Nehmen wir die neue US-Aktienpalette von DWS: Sie gleicht weitgehend Produkten, die es schon seit über einem Jahrzehnt gibt. Entscheidend ist jedoch, dass alle unter der Schwelle von 4 Milliarden Euro Assets Under Management (AUM) bleiben – dem Grenzwert, der für die aktuellen Regeln zur „Anfangsbesicherung“ (Initial Margin) relevant ist.

Hier ein kurzer Exkurs zu diesen Regeln: Die Anfangsbesicherung soll Wertschwankungen zwischen dem letzten Margenaustausch – eine Mindestforderung zur Kreditaufnahme – und der Neuabsicherung des Risikos oder Liquidation der Position bei Gegenparteiausfall abdecken.

Seit September 2022 gelten die „Phase 6“-Regeln mit strengeren Anforderungen für Gegenparteien von konsolidierten Gruppen, deren durchschnittlicher aggregierter Nennwert (Average Aggregate Notional Amount, AANA) bei Derivatgeschäften 8 Milliarden Euro übersteigt. Bis 2021 lag dieser Schwellenwert bei 50 Milliarden, davor sogar bei 3 Billionen Euro.

Für Uneingeweihte: Die Anfangsbesicherung dient dazu, Wertschwankungen abzufedern, die zwischen dem letzten Margenaustausch – dem Mindestbetrag für die Kreditaufnahme – und der Neuabsicherung des Risikos oder der Liquidation von Positionen im Falle eines Ausfalls der Gegenpartei entstehen.

Ab September 2022 traten die sogenannten „Phase-6“-Regeln für die Anfangsbesicherung in Kraft. Sie schreiben strengere Anforderungen für Gegenparteien vor, die zu konsolidierten Gruppen gehören, deren durchschnittlicher aggregierter Nennwert (Average Aggregate Notional Amount, AANA) von Derivatgeschäften 8 Milliarden Euro übersteigt. Zum Vergleich: 2021 lag dieser Wert noch bei 50 Milliarden Euro, bis 2017 bei 3 Billionen Euro.

Die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) schätzte, dass die Änderungen rund 800 Gegenparteien in mehr als 5000 Geschäftsbeziehungen betreffen. Betroffen sind unter anderem sämtliche wesentlichen unbesicherten Swap-Strukturen innerhalb von UCITS-ETFs.

ber warum? Der neue AANA-Schwellenwert muss zwischen zwei Parteien aufgeteilt werden – dem ETF-Emittenten und der Gegenpartei. Das bedeutet, dass er für alle Subfonds gilt, die mindestens 4 Milliarden Euro verwalten.

Diese ETFs unterliegen nun den neuen Regeln der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) sowie weiteren Bestimmungen zu Variation Margins. Wo zuvor rund 10 Prozent Sicherheit zu leisten waren, liegt dieser Wert nun eher bei etwa 20 Prozent.

Die Swap-Gegenparteien geben diese zusätzlichen Kosten selbstverständlich an die Vermögensverwalter weiter, die sie wiederum auf die ETF-Investoren umlegen. Dadurch schrumpft der übliche Steuervorteil von 0,15 Prozentpunkten, den diese Produkte gegenüber physisch replizierenden US-Aktien-ETFs mit irischer Domizilierung bieten, um geschätzte 0,03 Prozentpunkte.

Ende des Exkurses.

ETF-Anbieter bringen daher parallel identische, jedoch unterdimensionierte synthetische Produktlinien auf den Markt, um die höheren Besicherungskosten zu umgehen. Interessanterweise ist dieser „Klon-Trick“ nicht allen Emittenten gleichermaßen möglich. Große Vermögensverwalter verfügen über bessere Verhandlungsmöglichkeiten mit Investmentbanken. DWS etwa, das mehrheitlich der Deutschen Bank gehört und enge Beziehungen zur Mutterbank pflegt, dürfte von günstigen Konditionen profitierenEs ist allerdings zu erwarten, dass weitere große Anbieter synthetischer ETFs wie Invesco und nach einem späten Sinneswandel BlackRock diesen Ansatz übernehmen werden, um ihre Kostenvorteile zu wahren – zumal Anleger die Produkte zunehmend positiv bewerten.

Rob Starkey, Portfoliomanager bei PortfolioMetrix, sieht in synthetischen ETFs einen wertvollen Zugang zu Märkten mit Steuervorteilen, Zugangsbeschränkungen oder komplexen Indizes, die sich für physische Anlagen nicht eignen. „Wir investieren in synthetische Instrumente in den USA, wo die steuerliche Effizienz den Kundenergebnissen klar zugutekommt. Darüber hinaus prüfen wir global weitere Märkte mit ähnlichen Vorteilen“, sagt er.

Obgleich synthetische ETFs nominal höhere Kosten aufweisen könnten, seien die Nettoergebnisse für Anleger unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorteile häufig überlegen. Eine umfassende Überwachung von Finanzierung und Besicherung ist dabei unerlässlich.

Dies betrifft die meisten Vermögensverwalter, die mit synthetischen Produkten arbeiten. Einige werden DWS‘ neuen Ansatz daher vermutlich skeptisch sehen.

Terry McGivern, Senior Portfolio Manager bei AJ Bell, erklärte, dass die zugrunde liegende Idee der Produkteinführungen zwar „interessant“ sei, die EMIR-Regeln jedoch dem Anlegerschutz dienten und eine Umgehung dieser Vorschriften gemischte Reaktionen hervorrufen würde.

„Ich bin mir nur nicht sicher, ob ein zweigleisiger Regulierungsansatz – bei dem kleinere Fonds nicht denselben Regeln unterliegen wie größere, und Emittenten darauf reagieren, indem sie parallele Produktreihen ab einer bestimmten Schwelle einführen, um eine Verbesserung von drei Basispunkten zu erzielen – wirklich im besten Interesse des Endanlegers ist.“

Seiner Ansicht nach wäre ein fairer Wettbewerb mit klaren Gewinnern – die Überlegenheit und Effizienz natürlich beweisen – zu bevorzugen, anstatt das Feld mit kleineren Produkten zu überschwemmen, die Regulierungslücken ausnutzen.

Da DWS weiß, dass einige Anleger Überzeugungsarbeit benötigen, um auf die neuen, kleineren Produkte umzusteigen, versüßt das Unternehmen das Angebot durch eine temporäre Gebührenreduzierung bei ETFs auf S&P 500, S&P 500 Equal Weight und Nasdaq 100: Sie gelten für ein Jahr als Gebührenführer ihrer Art.

Dan Caps, Investmentmanager bei Evelyn Partners, kommentiert: „Offensichtlich zielt man darauf ab, die Skalierung der Produkte zu beschleunigen. Einige Anleger hoffen vielleicht sogar, dass die Senkungen dauerhaft sind, sobald genügend Vermögen angezogen wurde. Wir halten es jedoch nicht für ratsam, allein auf diese Gebührenpolitik zu setzen.“

Die vorübergehende Reduktion könne jedoch Wechselkosten ausgleichen und unentschlossene Anleger zum Wechsel motivieren.

Zusammenfassend stehen diese Produkte für DWS vor einem interessanten Dilemma: Sie sind als clevere Umgehung der Regulierung mit klarer Vermögensansammelstrategie gestartet. Doch wenn sie zu erfolgreich werden, droht ihnen der Verlust des Existenzgrundes. Schlimmer noch, Konkurrenzemittenten könnten die Idee kopieren oder Regulierungsbehörden die Zulassung solcher Produkte infrage stellen, weil sie bewusst geschaffen wurden, um Regeln zu umgehen.

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