Mehrere ETF-Emittenten und Marktteilnehmer – darunter Jane Street und Euroclear –kritisieren die Pläne der Euronext. Diese will die Abwicklung (Settlement) an ihrem neuen paneuropäischen ETF-Handelsplatz standardmäßig über den eigenen Zentralverwahrer (CSD) abwickeln. Dies könnte die Wahlfreiheit im Post-Trade-Bereich einschränken und zu höheren Kosten für Endanleger führen. Euronext bestreitet dies.
Die Euronext ETF Europe startete im September. Die Plattform bündelt die Liquidität der europäischen Euronext-Börsen mit dem Ziel, Effizienzen freizusetzen und den Handel zu vertiefen. Die ETF-Branche begrüßt die Initiative als einen Schritt aus der anhaltenden Fragmentierung.
Sarah Melvin, Leiterin des Europageschäfts von BlackRock, lobt den Schritt. „Die Vereinheitlichung des ETF-Handels verbessert den Zugang und die Transparenz für Anleger.“ Das senke Investitionshürden und trage zu aktiveren und tieferen Kapitalmärkten in Europa bei. Paul Young, Leiter ETF Capital Markets bei Vanguard, hält die neue Plattform für „transformatorisch“.
Zugleich wachsen jedoch die Bedenken. Euronext plant, das Settlement standardmäßig an die Euronext Securities Milan zu verlagern, die eigene Verwahrstelle (CSD). Marktteilnehmer sehen darin eine Einschränkung der Auswahl, die zugleich erhebliche logistische und operative Herausforderungen für Liquiditätsanbieter schaffe. ETF Stream wies bereits im Juni in einem Beitrag auf dieses Problem hin.
Mit Europas Umstellung auf T+1 Settlement könnte dies noch relevanter werden. Die Pläne „könnten sich negativ auf die [ETF]-Spreads auswirken“, schreibt Peter Whitaker, Marktstruktur-Stratege beim Liquiditätsanbieter Jane Street, in einem Whitepaper, das ETF Stream vorliegt.
Mohamed M’Rabti, globaler Vertriebsleiter für Asset Manager und ETFs bei Euroclear, nennt die Vorschläge einen „Schritt zurück“. Euroclear ist Europas größter Internationaler Zentralverwahrer (ICSD).
Marktteilnehmer sind sich weitgehend einig: Das ICSD-Modell hat die Post-Trade-Fragmentierung in Europas ETF-Markt seit seiner Einführung vor zehn Jahren reduziert. Es erlaubt die länderübergreifende Abwicklung von Wertpapieren an einem einzigen Ort. Liquiditätsanbieter müssen dadurch Wertpapiere nicht ständig über immer mehr nationale CSDs neu ausrichten, was kompliziert und kostspielig ist und Settlement-Fehler fördert.
Die Effizienzgewinne zeigen sich am deutlichsten im Primärmarktprozess. Die Anteile des ETF und die zugrunde liegenden Wertpapiere können am selben Ort abgewickelt werden. Diese Entwicklung hat die Ausgabe und Rücknahme von ETF-Anteilen für autorisierte Teilnehmer (APs) einfacher gemacht.
Die Primärmarktaktivitäten bleiben in den ICSDs. Ab September 2026 sollen jedoch alle Sekundärmarkt-Geschäfte über Euronext ETF Europe standardmäßig in der eigenen Euronext-CSD abgewickelt werden. Marktteilnehmer befürchten hier eine geringere Auswahl und steigende Kosten.
„Der Euronext-Vorschlag würde eine Effizienzstufe wieder entfernen. Wir waren froh, diese in der komplexen europäischen Settlement-Landschaft erreicht zu haben“, sagt Niels Lemmers, Leiter Public Affairs beim Liquiditätsanbieter Flow Traders und Vorsitzender der FIA European Principal Traders Association.
Jim Goldie, internationaler Leiter ETF Capital Markets bei Invesco, hält die Wahlfreiheit beim Abwicklungsort für essenziell. „Wir wollen keine weitere Fragmentierung. Wir bevorzugen einen harmonisierten Ansatz. Zudem brauchen wir die Option, wahlweise über Euroclear oder [Euronext Securities] Milan abzuwickeln“, zitiert ihn ein Euroclear-Paper zur Initiative.
Euronext erwartet eine deutliche Steigerung des Anteils der im eigenen CSD abgewickelten ETF-Volumina von derzeit 60 Prozent. Dies würde Konkurrenten wie Euroclear verdrängen. ETFs an der Borsa Italiana wurden historisch bereits über Euronext Securities Milan abgewickelt, das gilt jedoch nicht für Euronext Paris oder Euronext Amsterdam.
Euronext wies die Kritik gegenüber ETF Stream zurück: „Die Ausweitung des bewährten Post-Trade-Modells von Euronext Securities auf das gesamte Angebot der Euronext ETF Europe erhöht die operative Effizienz. Zudem ermöglicht es Netting-Vorteile und senkt Settlement-Fehler. Das sind Schlüsselelemente für robuste Marktqualität“, heißt es dort.
Kosteneinsparungen können durch das Netting von mehr Transaktionen an einem einzigen Abwicklungsort erreicht werden. Jane Streets Whitaker betont jedoch, dass Marktteilnehmer die Wahlfreiheit behalten müssten, ihr gewünschtes Settlement-System frei zu wählen. Dies sei in den MiFID- und CSDR-Vorschriften verankert.
Mehr Wettbewerb in der Post-Trade-Infrastruktur ist „ein zentrales mögliches Verbesserungsfeld für die europäische Marktstruktur“, so Whitaker. Er warnt: „Die potenziellen Reibungsverluste [durch den Euronext-Plan] sind ein weiterer Beleg für die Notwendigkeit erhöhter Interoperabilität und Effizienz in Europas Post-Trade-Infrastruktur.“









