Für Privatanleger in Europa ist es sehr schwer, die tatsächlichen Kosten einer Geldanlage zu verstehen. Diese mangelnde Transparenz stellt ein zentrales Hindernis für die Pläne der EU-Politik dar, private Haushalte dazu zu bewegen, einen Teil der rund 10 Billionen Euro an Spareinlagen in renditestärkere Investmentfonds umzuschichten.
Europas Aufsichtsbehörden sind sich der Herausforderung bewusst, Bürger davon zu überzeugen, dass Investieren langfristig zu einer Verbesserung ihrer finanziellen Situation beitragen kann. „Transparenz bei Anlagekosten ist entscheidend“, sagt Natasha Cazenave, Geschäftsführerin der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Die EU-Behörde veröffentlichte vor kurze eine wegweisende Studie, die erstmals auch Vertriebskosten einbezieht und damit ein deutlich realistischeres Bild der tatsächlichen Investitionskosten liefert.
Laut ESMA liegen die Gesamtkosten für Privatanleger, inklusive Gebühren für Intermediäre – also Fondsplattformen, Finanzberater, Banken, Versicherer oder digitale Vertriebswege – zwischen 0,5 % des Anlagevolumens bei passiven Rentenfonds (UCITS) und 2 % bei aktiv verwalteten Aktienfonds (UCITS).
Da die Vertriebskosten in den wesentlichen Anlegerinformationen (KIDs) jedoch nicht ausgewiesen werden, spiegelt die derzeitige Kostentransparenz der Fondsanbieter nicht die tatsächliche Belastung wider. Um die volle Gebührenstruktur zu verstehen, müssten Anleger sowohl die PRIIPs-KIDs als auch die MiFID-II-Kostenoffenlegungen heranziehen – was in der Praxis kaum möglich ist.
ESMA kritisiert, dass der Vergleich dieser beiden Rahmenwerke „umständlich“ sei, insbesondere für Privatanleger, was fundierte Anlageentscheidungen erschwere.
Die Behörde stellt außerdem fest, dass bis zu 45 % der laufenden Kosten von UCITS-Fonds auf Vertriebsprovisionen (Inducements) zurückzuführen sind, die Fondsanbieter an Vertriebspartner mit provisionsbasierten Vergütungsmodellen zahlen.
Solche Provisionsvereinbarungen bergen Interessenkonflikte: Vermittler könnten dazu verleitet werden, jene Produkte zu empfehlen, die höhere Provisionen zahlen – statt solche, die im besten Interesse des Kunden liegen. Privatanleger seien sich dieser finanziellen Anreize oft nicht bewusst, so ESMA weiter.
Nach intensiver Lobbyarbeit der Fondsbranche hatte die Europäische Kommission 2023 auf ein vollständiges Provisionsverbot verzichtet – trotz breiter Kritik, dass solche Zahlungen Anreize für teurere oder unpassende Fonds schaffen und kostengünstige ETFs benachteiligen könnten.
Die neue ESMA-Studie zeigt deutlich, dass Transparenzstandards und Offenlegungspflichten weiter verbessert werden müssen, um Privatanlegern zu nutzen. Zudem bleibt die Debatte über Provisionen und Interessenkonflikte aus Sicht der Aufseher weiter offen.



