Das Ende des Verbots für den Verkauf von Krypto-Exchange-Traded Products (ETPs) an britische Privatanleger schien unausweichlich. Die Aufsichtsbehörde hatte bereits im Juni eine Konsultation zur Aufhebung von Marketing- und Vertriebsbeschränkungen angekündigt. Diese Beschränkungen bestanden seit Anfang 2021.
Privatanleger dürfen ab dem 8. Oktober Krypto-Exchange-Traded Notes (ETNs) an der London Stock Exchange und anderen regulierten Handelsplätzen kaufen. Diese waren zuvor nur institutionellen Anlegern zugänglich.
Anbieter von Krypto-Produkten begrüßen die Regeländerung. Russell Barlow, CEO von 21Shares, einem Pionier für Krypto-ETPs in Europa, bezeichnete sie als „ersten Schritt einer seismischen Verschiebung an den britischen Finanzmärkten“.
Dies stellt eine deutliche Kehrtwende der Financial Conduct Authority (FCA) dar. Noch im März 2024 stufte die FCA Krypto-ETNs und Derivate als „ungeeignet für Kleinanleger wegen der ihnen drohenden Schäden“ ein.
Seitdem hat die FCA ihre Risikobewertung geändert. Die Regierung übt Druck aus, regulatorische Lasten zu reduzieren. Ziel ist die Ankurbelung des enttäuschenden britischen Wirtschaftswachstums nach dem Brexit.
Die Aufsichtsbehörde sah sich zudem intensivem Lobbying gegenüber. 80 Antworten gingen im Konsultationsverfahren ein. Wahrscheinlich stammten die meisten von Produktanbietern und Branchenverbänden, die auf die Änderung drängten.
Die einzige Verbraucherschutzorganisation, das Financial Services Consumer Panel, lehnte die Aufhebung des Verbots ab. Sie argumentierte, dass Bedenken wie hohe Krypto-Volatilität, Bewertungsprobleme, mangelndes Verbraucherverständnis und das Risiko von Finanzkriminalität nicht ausreichend adressiert seien.
Chris Pond, Vorsitzender des Financial Services Consumer Panel, äußerte auch Bedenken bezüglich der Warnung der FCA. Diese riet Privatanlegern, vor dem Kauf einer Krypto-ETN „eigene Recherchen anzustellen“.
„In der Praxis werden Verbraucher wahrscheinlich auf unregulierte und potenziell unzuverlässige Quellen zurückgreifen – wie soziale Medien, Online-Foren und Influencer-Inhalte –, wenn sie versuchen, komplexe und hochriskante Produkte wie Kryptoasset-ETNs zu bewerten. Diese Kanäle mangeln oft an Genauigkeit, Objektivität oder Aufsicht, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Verbraucher in die Irre geführt werden“, sagte Pond.
Die FCA argumentiert nun, Kryptowährungen seien der Öffentlichkeit „besser bekannt“. Daher sollten Verbraucher mehr Auswahl erhalten, „wobei sichergestellt werden muss, dass Schutzmaßnahmen vorhanden sind“.
Diese fragwürdige Behauptung über verbessertes Verständnis von Kryptowährungen basiert auf einer Online-Umfrage von YouGov. 2.199 Befragte bildeten eine repräsentative Stichprobe der erwachsenen britischen Bevölkerung.
Die Umfrage schätzt, dass etwa 7,7 Millionen Briten im August 2024 Krypto-Assets besaßen. 2021 waren es nur 2,2 Millionen. Steigender Krypto-Besitz bedeutet jedoch nicht automatisch besseres Verständnis der Risiken. Dies gilt insbesondere für digitale Assets wie Bitcoin und Ethereum, die beide Allzeithochs erreichen.
Ein deutliches Zeichen für mangelndes Risikoverständnis: Laut YouGov-Umfrage glauben immer noch ein Fünftel der Kryptoasset-Nutzer, finanzielle Entschädigung bei Verlusten zu erhalten. Dies trotz wiederholter FCA-Warnungen. Privatanleger in Krypto-ETNs sind nicht vor Verlusten geschützt. Diese Anlagen fallen nicht unter das Financial Services Compensation Scheme (FSCS).
Die FCA weiß wahrscheinlich, dass 26% der Privatanleger laut YouGov-Umfrage Kryptoassets als Glücksspiel betrachten. Ein erheblicher Anteil, 14%, nimmt sogar Kredite auf Kreditkarten auf, um diese Wetten zu finanzieren. Dennoch glaubt die FCA nicht, dass die Zulassung von Krypto-ETNs das Risiko für Privatanleger wesentlich erhöht. Anleger können bereits Bitcoin und andere digitale Währungen auf unregulierten Börsen kaufen.
Die Aufsichtsbehörde meint, bestehende Marketingbeschränkungen (Verkaufsgespräche) würden sicherstellen, dass Privatanleger die Risiken verstehen.
Dies erscheint optimistisch.
Marketingmaterialien von Krypto-ETN-Anbietern versprechen Zugang zu „physischem“ Bitcoin. Dies ist ein digitales Asset ohne physische Präsenz. Dies könnte für Privatanleger verwirrend sein.
Verstehen diese Anleger auch, dass eine ETN ein Schuldtitel ist? Sie birgt ein Kontrahentenrisiko beim Emittenten.
Die regulatorische Zulassung von Krypto-ETNs wird zweifellos zu einer breiteren Akzeptanz bei Privatanlegern führen.
Doch erkennen private Anleger, dass die Zulassung die unregulierten Kryptoasset-Märkte nicht ändert? Diese sind volatil und anfällig für Finanzkriminalität, wie die FCA selbst zugibt.
Das klare Risiko: Die FCA-Zulassung von Krypto-ETNs verleitet unerfahrene Anleger. Sie stürzen sich in einen hochvolatilen Sektor. Dieser zeigt bereits Anzeichen einer Blase.
Donald Trumps Entscheidung, US-Anlegern den Kauf von Kryptowährungen mit ihren 401k-Rentenkonten zu erlauben, wird die Preisblase weiter aufblähen.
DieVermehrung sogenannter Bitcoin-Treasury-Unternehmen mit Börsennotierungen ist ein weiteres besorgniserregendes Zeichen. Diese Unternehmen nehmen Eigenkapital oder Fremdkapital auf, um digitale Token zu kaufen. Immer mehr gelistete Unternehmen, die nicht direkt im Krypto-Geschäft tätig sind, fügen Bitcoin ihrer Bilanz hinzu, um ihre Aktienkurse zu stützen. Die Gefahr: Ein Kursrückgang bei Bitcoin wird sich in ihren Aktienkursen vervielfachen. Dies birgt weitere Risiken für Aktienmärkte, die in den USA, Großbritannien und Europa bereits Rekordstände erreichen.
Die FCA hat offenbar den Lockrufen der Krypto-Industrie nachgegeben. Diese wird nun auf die Zulassung noch riskanterer, gehebelter Produkte für Privatanleger drängen.




