Read this article in English?

It looks like your preferred language is English.
This article is available in English.

a man smiling for the picture
Analysen

Das ESG-Jahr

Der grösste Trend im Finanzwesen? Kenneth Lamont, Senior Analyst für passive Strategien bei Morningstar, analysiert den dramatischen Aufstieg von ESG-ETFs in diesem Jahr.

Verfasst von:

Veröffentlichungsdatum

Lesezeit

4 mins

Artikel teilen

Das Jahr 2020 wird vielleicht als das Corona-Jahr in die Geschichte eingehen. Für den europäischen ETF-Markt könnte es jedoch auch als das ESG-Jahr gelten. Das verwaltete Vermögen in nachhaltigen ETFs hat sich Year-to-date fast verdoppelt und erreichte 54,2 Mrd. Euro. Dieses beeindruckende Wachstum wurde durch Rekordzuflüsse von über 22 Mrd. Euro gestützt.

Gestiegen ist die Nachfrage durch veränderte Einstellungen von Investoren und Fondsanbietern. Das Vermögenswachstum spiegelt die Erkenntnis wider, dass ESG-Faktoren für die langfristige finanzielle Performance relevant sind. Unternehmen stehen heute stärker im Fokus von Konsumenten, Regulierungsbehörden und Mitarbeitern hinsichtlich ihrer ESG-Praktiken.

Die Krisedurch die Corona-Pandemie hat die Bedeutung nachhaltiger und resilienter Geschäftsmodelle, die auf die Belange vieler Stakeholder Rücksicht nehmen, weiter unterstrichen.

chart

Quelle: Morningstar

Das Angebot wächst

Da die Gelder in grossen Mengen flossen, haben die meisten ETF-Anbieter ihre Nachhaltigkeitsangebote schnell erweitert. Rund 72 ETFs, also mehr als die Hälfte der bisher in Europa lancierten Produkte, integrieren nachhaltige Kriterien in ihren Anlageprozess.

Die vielfältigen Ansätze des nachhaltigen Investierens und die schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten mit verschiedenen Märkten, Anlageklassen und Investmentstilen haben die Produktentwicklung angeheizt. Europa war das Epizentrum vieler nachhaltiger Produktinnovationen.

Dieses Jahr wurdeder weltweit erste nachhaltige ETF aufgelegt, der sich auf die 'Blue Economy' konzentriert. Der BNP Paribas Easy ECPI Global ESG Blue Economy UCITS ETF (BLUE) investiert in Unternehmen, die sich auf Offshore-Windparks spezialisieren, sowie in Firmen, die sich nachhaltigen Fischerei- und Meeresaktivitäten widmen.

chart

Quelle: Morningstar

Der Aufstieg klimabewusster ETFs

Klimarisiken sind für Investoren ein immer wichtigeres Thema geworden. Das verwaltete Vermögen in klimabewussten ETFs hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt und erreicht Rekordhöhen.

Fast ein Viertel aller ETF-Neustarts in Europa in diesem Jahr hat einen expliziten Klimafokus. Neue Produkte reichen vom CSIF (IE) FTSE EPRA Nareit Developed Green Blue ETF (GREIT), der REITs basierend auf ihrer Green-Building-Zertifizierung und ihrem Energieverbrauch neu gewichtet, bis hin zu iShares' neuer Palette von MSCI Minimum Volatility ESG ETFs, die auf Low-Carbon-Indizes setzen.

chart

Quelle: Morningstar

Das Ziel: 'Paris-konform'

Mit der wachsenden Popularität des Klimainvestierens nehmen auch die Vorwürfe des 'Greenwashings' zu. Um dem entgegenzuwirken, haben einige Indexanbieter mit der Europäischen Kommission zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass ihre Strategien dem Pariser Klimaabkommen entsprechen, das die globale Durchschnittstemperatur auf unter 2°C begrenzen sollüber dem vorindustriellen Niveau.

Klimawandel-ETFs: Worum geht es wirklich?

Dieser zielorientierte Ansatz und die Bestätigung durch eine so angesehene Drittpartei werden viele Investoren erfreuen. Bislang haben Amundi, Lyxor und Franklin Templeton 'Paris-konforme' Kern-Aktien-ETFs lanciert, undwir erwarten weitere

Anleihen wachsen, aber hinken hinterher

Das Vermögen in nachhaltigen Renten-ETFs wuchs im ersten Quartal um 50% und erreichte Rekordhöhen. Wir verzeichneten auch eine Rekordzahl von Neuemissionen, 16 kamen auf den Markt.

Dennoch machen Anleihen mit 20% Marktanteil am europäischen Markt für nachhaltige ETFs noch immer weniger aus als die 30% im breiteren europäischen ETF-Markt.

chart

Quelle: Morningstar

Diese Unterentwicklung ist sowohl auf mangelnde Nachhaltigkeitsdaten für Anleihen als auch auf Herausforderungen bei der Zuweisung von ESG-Ratings für Staatsanleihen zurückzuführen. Während Unternehmensanleihen ähnlich wie Aktien bewertet werden können, gibt es weiterhin Fragen zur besten Methodezur Bewertung von Staatsanleihen, da die Grenze zwischen einer objektiven ESG-Bewertung und dem Abgleiten in politische Gefilde schmal ist.

Die Politik einer gewählten Regierung abzulehnen, selbst wenn sie aus ESG-Sicht rationalisiert wird, ist etwas, das einzelne Anleger leicht tun mögen. Grosse Vermögensverwalter oder ESG-Ratingagenturen riskieren jedoch, der unangemessenen Einmischung in politische Prozesse beschuldigt zu werden. Die ESG-Bewertung von Regierungen ist ein Bereich, der sich noch in der Entwicklung befindet.

Amundis Fagan: ESG-Rentenfonds werden weiter zulegen

Auch bei entwickelten Staatsanleihen können ESG-Filter zu schwer umsetzbaren Ergebnissen führen. Beispielsweise mögen einige ESG-orientierte Anleger bestimmte Massnahmen der ehemaligen US-Regierung – wie den Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen – als Verstoss gegen grundlegende ESG-Prinzipien betrachten. Man muss jedoch die Auswirkungen des Ausschlusses des grössten entwickelten Staatsanleihenmarktes der Welt von einem Anleihenfonds ernsthaft bedenken.

Diese Schwierigkeiten zeigen sich deutlich, wenn man bedenkt, dass in Europa nur fünf nachhaltige Staatsanleihen-ETFs mit einem verwalteten Vermögen von nur 1,5 Mrd. Euro notiert sind.

Kenneth Lamont ist Senior Analyst, Manager Research, Passive Strategies bei Morningstar.

Dieser Artikel erschien erstmals in der Ausgabe 4/2020 von Beyond Beta, der weltweit einzigen Publikation für Smart Beta. Um eine vollständige Ausgabe zu erhalten,klicken Sie hier.

Wichtige ETF-Einblicke sind nur wenige Klicks entfernt

90 % unserer Leser:innen würden ETF Stream weiterempfehlen

Kostenloses Konto erstellen

Sie haben bereits ein Konto?Anmelden

In diesem Artikel vorgestellt

Logo for Morningstar

THEMENBEREICHE

VERWANDTE ARTIKEL