Einer der Hauptvorteile der vielseitigen ETF-Hülle ist ihre flexible Einsetzbarkeit in unterschiedlichsten Portfolios. Ob als Werkzeug für die strategische Asset Allocation oder als effizientes Mittel zur Steuerung von Risiko und Liquidität – ETFs haben viele Talente.
Eine neuere Anwendung nutzen die ETF-Emittenten selbst: die Haltung eines ETFs innerhalb eines anderen ETFs. Dies ist kein Multi-Asset-ETF. Diese bündeln ein diversifiziertes Portfolio von ETFs unter einer Hülle.
So ist die Top-Position im iShares MSCI EM Latin America UCITS ETF (LTAM) über 183 Mio. USD der iShares MSCI Brazil UCITS ETF (IBZL). Dieser verwaltet 313 Mio. USD und macht 8,6 % des ETFs aus.
BlackRock ist nicht der erste und wird nicht der letzte Emittent sein, der diese Strategie verfolgt. Doch was steckt dahinter?
Zynisch betrachtet, ist dies ein Versuch, Gelder in zwei ETFs gleichzeitig zu ziehen. Emittenten könnten doppelt Gebühren verlangen und so zweimal für ein eigenes Produkt bezahlt werden.
Allerdings gibt es mehrere Gründe, warum ein Asset Manager einen ETF in einem anderen ETF halten könnte. Zwar entstehen hier teilweise Kostenvorteile für den Emittenten. Hauptsächlich geht es aber darum, Zugang zu Märkten zu erhalten, die sonst schwer zugänglich wären.
Ein Werkzeug für Marktzugang…
Jeder ETF auf der Plattform eines Emittenten ist eine eigene rechtliche Einheit. Direkter Marktzugang erfordert die Eröffnung eines Kontos im jeweiligen Land. Dies verzögert eine Markteinführung um Monate.
Dies gilt besonders für Schwellenländer. Aber auch in entwickelten Märkten kann der Zugang mühsam sein.
Christopher Mellor, Leiter ETF-Produktmanagement für EMEA-Aktien und -Rohstoffe bei Invesco, erklärt: „Statt die Markteinführung eines ETFs zu verzögern, weil wir in ein oder zwei Märkten noch kein Konto haben – was über sechs Monate dauern kann – nutzen wir ein anderes Vehikel. So überbrücken wir die Zeit bis zum direkten Zugang.“
Invesco nutzte diese Taktik 2020. Saudi-Arabien und Kuwait wurden damit in den Invesco FTSE RAFI Emerging Markets UCITS ETF (PSRM) und den Invesco FTSE Emerging Market High Dividend Low Volatility UCITS ETF (EMHD) aufgenommen. Zuvor waren die Länder von Frontier- zu Schwellenländern aufgestuft worden.
Anstatt den Eintritt in die MSCI-Indizes zu verzögern, bis die Anlagekonten eingerichtet waren, nutzte Invesco seine bestehenden ETFs: den Invesco MSCI Kuwait UCITS ETF (MKUW) und den Invesco MSCI Saudi Arabia UCITS ETF (MSAU). So sicherten sie sich die Märkte.
Dies könnte auch auf BlackRocks LTAM zutreffen. Allerdings macht IBZL nur 8,6 % des ETFs aus. Der Anteil Brasiliens liegt bei 54,4 %.
Brett Pybus, Leiter iShares Investment- und Produktstrategie für EMEA bei BlackRock, sagt: „ETFs sind effiziente Bausteine. BlackRock nutzt sie in einigen anderen ETFs für verschiedene Portfolioanwendungen.“
„Manchmal nutzen wir ETFs als Zugangswerkzeuge innerhalb von ETFs. Dies gilt etwa für Schwellenländer oder Nischenmärkte entwickelter Länder. Dies ist effizienter als der direkte Zugang zum zugrundeliegenden Markt.“
…oder doppelt kassieren?
Neben dem Zugang zu Nischenmärkten bietet die Strategie weitere Effizienzen. Ein Beispiel ist die Auswirkung auf den Tracking Error.
Wenn der Saudi-Arabien-ETF von Invesco exakt die gleichen Unternehmen wie der zugrundeliegende Index enthält, hat dies laut Mellor „keine Auswirkungen auf den Tracking Error“.
Anders sieht es bei komplexeren Gewichtungsmethoden aus, wie z.B. High Yield. Dies kann zu einem höheren Tracking Error führen.
„Eine gewisse Abweichung ist aber besser als gar keine Exposition“, fügt er hinzu.
Dennoch betonen ETF-Emittenten, dass Anleger keine doppelten Gebühren zahlen. Mellor erklärt, Invesco erziele keine zusätzlichen Gewinne. Anleger tragen lediglich die laufenden Kosten.
Anleger zahlen möglicherweise eine zusätzliche Gebühr von 0,10 %. Dies sind die Kosten für den Betrieb des Investments. Die Gesamtkostenquote (TER) beträgt 0,50 %. „Effektiv trägt der ETF, der in den ETF investiert, nur die 10 Basispunkte Kosten“, sagt Mellor.
Pybus kommentiert den Verzicht auf Gebühren im inneren ETF: „BlackRock-Anleger zahlen nur die Gebühr des übergeordneten ETFs.“
Mellor ergänzt: „Wir haben keine Gewinnmarge von 0 % auf die Anlage im Basis-ETF. Wir kassieren nicht doppelt, das ist wichtig für unsere Kunden.“
Diese Technik nutzen auch aktive Manager bei Investmentfonds. Sie halten einen ETF, um kostengünstig in einen bestimmten Markt zu investieren.
„Es ist der Ansatz der Portfolio-Vervollständigung“, sagt Mellor. „Ein aktiver Manager, der in den USA oder Europa exzellente Aktien auswählt, hat vielleicht keinen tiefen Einblick in Japan. Der Kauf eines ETFs für diesen Marktteil wäre sinnvoll.“
Dieser Artikel erschien zuerst in ETF Insider, dem monatlichen Magazin von ETF Stream für professionelle Anleger in Europa. Für die vollständige Ausgabe klicken Sie bittehier.
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