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Nasdaq 100-Rebalancing: Frisst der Tech-Sektor die Welt?

Ein Sonder-Rebalancing des Nasdaq 100 fand am 24. Juli statt.

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Der Unternehmer und Risikokapitalgeber Marc Andreessen postulierte einst: „Software frisst die Welt.“ Rund zwölf Jahre später hat sich diese Prognose als zutreffend erwiesen. Allerdings unterschätzte er wohl, wie stark das Wachstum auf wenige Tech-Werte konzentriert sein würde.

Große Softwarefirmen wie Apple und Microsoft dominieren mittlerweile die Indizes. Sie machen dieses Jahr bis zum 20. Juli 49 % bzw. 45 % Kurssteigerungen aus. Dies erforderte ein Sonder-Rebalancing desNasdaq 100 am 24. Juli, bei dem die Gewichtungen der Indexmitglieder neu verteilt werden mussten. Ziel war es, eine Überkonzentration auf wenige Großkapitalisierer zu vermeiden.

Das Nasdaq 100-Rebalancing ist kein Fehldesign von Indizes. Indizes spiegeln lediglich die Marktdynamik wider. Vielmehr ist es symptomatisch für zwei Trends. Erstens der kurzfristige Kursanstieg von Tech-Werten wie Nvidia Corp. im Jahr 2023. Auslöser war die Euphorie rund um künstliche Intelligenz.

Zweitens ein mehrjähriger Trend: Software-basierte Unternehmen gewinnen Marktanteile am US-Aktienmarkt. Zum 20. Juli machten Technologiewerte (GICS-Sektor Information Technology) signifikante 28 % des iShares Core S&P 500 UCITS ETF (CSPX) aus. Dies gilt, obwohl viele frühere IT-Werte seit 2018 anderen Sektoren zugeordnet wurden. Würde man die GICS-Umschichtungen der letzten fünf Jahre hypothetisch rückgängig machen, kämen IT-Werte auf etwa 38 % des aktuellen SPY-Bestands.

Diese Trends führen dazu, dass wenige Aktien übermäßig stark in populären Tech-ETFs wie dem SPDR S&P U.S. Technology Select Sector UCITS ETF (SXLK) und dem Invesco EQQQ Nasdaq 100 UCITS ETF (EQQQ) gewichtet sind.

Nasdaq 100-Rebalancing

Der Nasdaq 100 bildet die Wertentwicklung der 100 größten Nicht-Finanzunternehmen der Nasdaq ab. Am 7. Juli kündigte die Nasdaq ein Sonder-Rebalancing des Index an. Dies sollte die Überkonzentration auf wenige Großkapitalisierer beheben.ein Sonder-Rebalancing

Normalerweise erfolgt die Indexanpassung jährlich im Dezember, ergänzt durch vierteljährliche Rebalancing-Möglichkeiten. Laut Indexmethodik darf keine Einzelaktie eine bestimmte Gewichtungsschwelle überschreiten (20 % im Quartals-Rebalancing, 15 % bei der Jahresanpassung). Ebenso gilt: Aktien über 4,5 % Gewicht müssen insgesamt unter definierten Schwellenwerten liegen.

Ziel des Sonder-Rebalancings im Juli 2023 war es, die Gewichtung der größten Titel auf andere zu verteilen. Damit sollten die Gewichtungsschwellen eingehalten werden.

Am 14. Juli veröffentlichte die Nasdaq die Pro-forma-Gewichtungen. Microsoft, Nvidia und Alphabet würden demnach am stärksten Gewicht verlieren. Auch Apple, Amazon, Meta Platforms und Tesla dürften an Gewicht abgeben. Diese Änderungen betreffen 16 US-gelistete ETFs, die den Nasdaq-100 oder abgeleitete Indizes abbilden. Ihr Vermögen belief sich am 20. Juli auf 260 Mrd. US-Dollar.

Konzentration im Nasdaq 100 vor dem Rebalancing

Der rasante Kursanstieg von Werten wie Nvidia, Apple und Microsoft im ersten Halbjahr 2023 führte zu einer übermäßigen Gewichtung in Marktindizes und den entsprechenden ETFs (siehe Chart 1).

Eine geringe Diversifikation und eine Top-Heavy-Konzentration in Indizes stellen sowohl passive als auch aktive Fondsmanager vor Herausforderungen. Passive ETFs müssen die Diversifikation sicherstellen, was Index-Rebalancings erfordert. Aktive ETFs mit hohem Active Share (starke Abweichung vom Index) tun sich schwerer, einen Benchmark zu schlagen, wenn wenige Werte die Performance bestimmen.

Chart 1: Top-Positionen im QQQ vor dem Sonder-Rebalancing

NasdaqRebalancingFig1

Quelle: CFRA ETF Database; Daten per 20. Juli 2023

Dies kann aber auch Chancen eröffnen. Investoren, die eine Konzentration auf potenziell überbewertete Tech-Großkapitalisierer in marktKapitalisierungsgewichteten ETFs fürchten, finden hier neue Anlagemöglichkeiten. Sie können Risiken durch „Smart Beta“-ETFs mit fundamentalen Gewichtungen reduzieren. Auch gleichgewichtete ETFs oder Mid- und Small-Cap-ETFs kommen in Frage.

GICS-Sektoren und das Nasdaq 100-Rebalancing

In seinem viel beachteten Blogbeitrag von 2011 argumentierte Andreessen, Software habe die Reife erreicht, um ganze Industrien zu transformieren. Die Entwicklung des GICS-Sektorensystems bietet eine interessante Perspektive auf das Tech-Wachstum im Investmentbereich.

Seit 2018 ordnen S&P Dow Jones Indices und MSCI, die das GICS-Framework pflegen, Technologiewerte neu zu. Dies spiegelt ihre wachsende Rolle in der Wirtschaft wider. Zuerst wurden Megacap-Werte wie Meta (damals Facebook) und Alphabet 2018 vom IT-Sektor in den erweiterten Kommunikationsdienstleistungssektor verschoben. Neuerdings wechseln Werte wie Visa, Mastercard und PayPal von IT zum Finanzsektor.

Ein interessantes Gedankenspiel: Welches Gewicht hätte IT im SPY, wenn diese Werte nicht umklassifiziert worden wären? Am 20. Juli betrug der IT-Anteil am SPY hohe 28 %.

Würde man die Umklassifizierungen rückgängig machen, käme IT auf erstaunliche 38 % des SPY-Bestands (siehe Chart 2). Anders gesagt: 38 % des SPY-Engagements stammen von Aktien, die einst als IT-Werte im GICS-System galten. Hinzu kommen Megacap-Werte wie Amazon und Tesla. Sie sind im Sektor „Zyklische Konsumgüter“ klassifiziert, werden aber oft als Tech-Werte wahrgenommen.

Chart 2: SPY GICS-Gewichte: Aktuelle vs. hypothetische Klassifizierung

NasdaqRebalancingFig2

Quelle: CFRA ETF Database; Daten per 20. Juli 2023

Eine solche Analyse hat jedoch Einschränkungen. Hätten die Aktien nicht ihre Sektoren gewechselt, wäre die Zusammensetzung des SPY möglicherweise anders. Die Sektorzusammensetzung beeinflusst, welche Aktien in den S&P 500 Index aufgenommen und welche gestrichen werden.

Dennoch liefert die Analyse wichtige Einblicke, wie technologiegetriebene Unternehmen das breitere Anlageuniversum dominieren. Zum 20. Juni 2023 stammten 59 % des Engagements im Communication Services Select Sector SPDR Fund (XLC) und 20 % im Financial Select Sector SPDR Fund (XLF) von Aktien, die einst als IT-Werte im GICS-Framework galten. Dies unterstreicht, wie Software in der Wirtschaft Fuß fasst und die Welt „auffrisst“.

Was das Nasdaq 100-Rebalancing für die Zukunft bedeutet

Das jüngste Nasdaq 100-Rebalancing aufgrund der Aktienkonzentration verdeutlicht die Dominanz von Tech-Werten. Ursachen sind der KI-getriebene Boom dieses Jahr und das längerfristige Software-Wachstum.

Dies erschwert passiven ETFs die Einhaltung von Diversifikationsregeln. Aktive Manager haben es schwerer, den Benchmark zu schlagen. Gleichzeitig entstehen Chancen für Anbieter von fundamental gewichteten Smart-Beta-ETFs und Small-Cap-ETFs. Investoren prüfen ihre Engagements in Tech-Großkapitalisierern genauer.

Dieser Artikel erschien ursprünglich aufETF.com

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