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Was treibt die digitale Revolution bei ETFs an?

Scalable Capital, Trade Republic, Bux, Chase UK und Revolut treiben die Disruption voran

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Vorbei sind die Zeiten, als Altersvorsorge hauptsächlich ein amerikanisches Phänomen war. Der moderne europäische Anleger fordert Fintech-Lösungen sowie kostengünstige, diversifizierte und transparente Anlagen. An dieser Schnittstelle revolutioniert das digitale ETF-Investing die veraltete Vermögensverwaltung.

Europas Anlagekultur war geprägt von teuren Plattformen oder Beratern, die Kickbacks von Vermögensverwaltern für den Verkauf von hochpreisigen Fonds erhielten. Oftmals hatten diese Fonds hohe Einstiegsgebühren und intransparente Anlagestrategien, die zu Underperformance führten.

EU-Kommissarin Mairead McGuinness sprach die Rückvergüt­tungen an, die Berater oft erhalten, um Produkte zu empfehlen, die nicht im besten Interesse ihrer Kunden sind. Sie betonte, dass Kleinanleger Opfer von klaren „Interessenkonflikten" seien. Kostengünstige Produkte wie ETFs würden „kaum je empfohlen".

Wie soll sich der durchschnittliche Kleinanleger in diesem schwierigen Umfeld zurechtfinden? Hier kommen ETFs und die Neo-Broker, Robo-Advisor und Challenger Banks ins Spiel, die sie fördern.

Ein kontinentaler Wandel

Der seismische Wandel begann in Deutschland mit Modellportfolios und Sparplänen für Privatanleger. Dies sind fertige Pakete, meist aus passiv gemanagten ETFs, die regelmäßige Langzeitinvestitionen ermöglichen.

Die Nachfrage nach ETFs stieg nach der COVID-19-Pandemie sprunghaft an. Allein in Deutschland stiegen die monatlichen Investitionen zwischen 2019 und 2021 von 166 Mio. € auf 589 Mio. €, ein Plus von 254%.

Dank der Einführung und Beliebtheit von ETF-Sparplänen verfügt Deutschland laut Blackwater Search & Advisory heute über den größten ETF-Markt Europas mit einem Anteil von 27%.

Eine Umfrage von BlackRock und YouGovsagtekürzlich voraus, dass in den nächsten 12 Monaten zwei Millionen weitere deutsche Anleger in ETFs investieren werden. Bis 2026 sollen es 20 Millionen sein, die Sparpläne nutzen.

Dieses rasante Wachstum beschränkt sich jedoch nicht auf Deutschland. 13 weitere europäische Länder werden im kommenden Jahr voraussichtlich 4,6 Millionen Anleger hinzugewinnen. Davon entfallen 834.000 auf Italien, 576.000 auf das Vereinigte Königreich und eine Million auf die Iberische Halbinsel.

Blickt man nach vorne, glauben 63 von 70 Führungskräften in der aktuellen PwC-Umfrage „ETFs 2027: Eine Welt neuer Möglichkeiten"dass die Nachfrage nach ETFs von europäischen Privatanlegern in den kommenden Jahren „signifikant" oder „moderat" sein wird.

BlackRock prognostiziert, dass die ETF-Investitionen über digitale Plattformen in Europa bis Ende 2026500 Milliarden Euroerreichen werden. Haupttreiber sind 10 Millionen neue Nutzer in den fünf Jahren zuvor.

Die Disrupteure

An der Spitze dieses neuen Anlageparadigmas stehen eine Reihe von Neueinsteigern, diebereits für Aufsehen gesorgt habenbei den „üblichen Verdächtigen" im Vermögensmanagement.

Ganz vorne dabei ist der Münchner Neo-Broker Scalable Capital. Das Unternehmen wurde vor neun Jahren gegründet und erhielt mehrfach Unterstützung von BlackRock. Scalable Capital ist mittlerweile in sechs europäischen Ländern tätig und erreichte im Januar 2023 eine Million Kundensparpläne. 90% der investierten Gelder flossen in ETFs.

Julius Weller, VP Broker bei Scalable Capital, sagte gegenüberETF Stream: „Zusammen mit dem Aufstieg digitaler Investmentplattformen, die einfache und intuitive Tools wie wiederkehrende Investitionen über Sparpläne bieten, haben ETFs in den letzten Jahren maßgeblich zur steigenden Beteiligung von Privatanlegern an den europäischen Kapitalmärkten beigetragen.

„Da die private Altersvorsorge in Europa immer wichtiger wird und die steigenden Inflationsraten im letzten Jahr ein Gefühl der Dringlichkeit hinzugefügt haben, werden die Wachstumszahlen [bei Privatanlagen] wahrscheinlich weiter steigen."

BlackRock ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Das Unternehmenverdoppelteseine europäische Privatkunden-Strategie in diesem Jahr und ging eine Partnerschaft mit der Amsterdamer Vermögensplattform Bux ein, um ETF-Sparpläne in acht Ländern anzubieten. Die Investitionen beginnen bei nur 10 € pro Monat mit 1 € Provision pro Trade.

Die Berliner Firma Trade Republic sorgte ebenfalls für Furore, indem sie ihre Sparpläne und den Handel mit 2.400 ETFs im letzten Jahr auf 17 europäische Länder ausweitete.

Manche mögen sich fragen, warum diese Architekten von Sparplänen ETFs gegenüber traditionellen Instrumenten in ihren Dachfonds bevorzugen. Das Intraday-Trading von ETFs könnte Anbietern wie Scalable Capital und Bux eine günstigere Möglichkeit bieten, auf eine Strategie zuzugreifen. Sie können eigene Regeln für den Handel mit Portfolio­komponenten zu bestimmten Tageszeiten festlegen.

Noch spannender ist wohl der Weg, den Challenger-Banken ebnen, indem sie ETF-Investitionen direkt über ihre mobilen Apps anbieten. Dies begann im Februar, als J.P. Morgans Chase UK Nutmeg – das ETF-fokussierte Robo-Advisor-Geschäft, das sie 2021 erwarben – in die Seite „Sparen und Investieren" ihrer Privatkunden-Plattform integrierte.

Letzten Monat stieg das Fintech-Phänomen Revolut in das Rennen ein und bietet in Partnerschaft mit dem Berliner Unternehmen Upvest 155 reine Aktien-, Anleihen-, Rohstoff- und Themen-ETFs für seine Kunden an. Trades beginnen bereits bei 1 €.

Sollten sich diese Vorstöße als erfolgreich erweisen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere Banken folgen – insbesondere solche wie HSBC mit Vermögensverwaltungs­geschäften, die ETFs anbieten und von gebundenen Vermögenswerten in Modellportfolios auf ihrer eigenen Banking-App profitieren könnten.

Etablierte Akteure entwickeln sich weiter

Auch bekannte Akteure im Investmentbereich bleiben angesichts dieser Entwicklungen nicht untätig. Während BlackRock in digitale Vermögens­verwalter investiert und mit ihnen kooperiert, hat auch Vanguard seine Reichweite erweitert. Letztes Jahr startete das Unternehmen einen deutschen Modell­portfolio-Service für Privatanleger, bevor es 2023 den Direktvertrieb von ETFs einführte.

Seit der Einführung seiner britischen Direkt­investitions­plattform im Jahr 2017 stieg der Anteil von Jack Bogles passivem Giganten an in ETFs gehaltenen Vermögenswerten von 9 % auf 20 % bis 2022. Kaum träge, wenn man bedenkt, dass die ersten UCITS-ETFs erst 10 Jahre zuvor aufgelegt wurden.

Auch andere ETF-Emittenten beachten die digitale Revolution im Privatkundengeschäft.

Matteo Andreetto, Leiter SPDR EMEA bei State Street Global Advisors, sagte den Teilnehmern der VeranstaltungETF Stream’s „ETF Ecosystem Unwrapped 2023": „Digitales Vermögens­management wächst und beschleunigt sich auf dem gesamten Kontinent. Wir sprechen davon, dass 2026 jeder vierte Deutsche einen ETF-Sparplan hat. Es gibt also offensichtlich ein großes Wachstumspotenzial."

Caroline Baron, Leiterin ETF Distribution EMEA bei Franklin Templeton – das letztes Jahr den italienischen Markt mit der Partnerschaft mit der HandelsplattformDirecta ansprach – fügte hinzu: „Wenn man sich den Robo-Advisor-Bereich ansieht, der sich über Deutschland und das Vereinigte Königreich hinaus entwickelt hat, ist er oft synonym mit ETFs.

„Nach Jahren des Denkens, dass der Markt für Privatanleger sich nicht so schnell entwickeln würde, wie wir dachten, befinden wir uns nun auf einem Beschleunigungspfad, und das in ganz Europa, nicht nur in zwei oder drei Ländern."

Selbst Akteure, die traditionell nicht stark in ETFs involviert waren, nehmen Notiz. Die älteste britische DIY-Plattform Hargreaves Lansdown hat ETF-basierte Multi-Asset-Fonds aufgelegt. M&G Wealth und Moneyfarm arbeiten zusammen, um&mezu starten, eine Investmentplattform mit sechs Portfolios, die ganz oder teilweise aus ETFs aufgebaut sind.

Christian Bimueller, Leiter Digital Distribution für Kontinentaleuropa bei BlackRock, setzt sich seit langem für ETF-basierte Wealth-Tech-Lösungen ein, um Millionen von Europäern den ersten Zugang zu Investitionen zu ermöglichen.

„Dieses Wachstum ist teilweise auf die phänomenale Vielseitigkeit digitaler Investment­plattformen zurückzuführen. Anleger können von niedrigen Gebühren und Mindest­anlagen profitieren, während neue Anleger Investments und Kenntnisse der Finanzmärkte auf leicht zugängliche Weise aufbauen können", fügte Bimueller hinzu.

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