Der Vormarsch passiver Investments
Fünf Jahre ist es her, dass der Analyst Inigo Fraser-Jenkins von AllianceBernstein passives Investieren als „schlimmer als Marxismus“ bezeichnete – eine Aussage, die in der Vermögensverwaltungsbranche für Aufsehen sorgte. Heute haben passive Strategien bei US-Aktien die aktiven überholt. Bis 2026 könnten sie die gesamte Investmentlandschaft dominieren. Doch sind die Sorgen um eine „Peak Passive“-Ära tatsächlich berechtigt?
In seiner provokanten Studie „The Silent Road to Serfdom: Why Passive Investing Is Worse Than Marxism“ argumentierte Fraser-Jenkins, eine kapitalistische Gesellschaft, die von Passivprodukten beherrscht werde, sei gefährlicher als der Marxismus – denn zumindest Kommunisten versuchten, Kapital effizient zu allokieren.
„Eine bestimmte aktive Anlage mag für den einzelnen Investor nicht immer die beste Entscheidung sein“, heißt es in der Studie. „Doch für das System insgesamt liegt der Nutzen des aktiven Managements in der effizienten Allokation von Kapital.“
Die Effizienzdebatte
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung belief sich das weltweite Vermögen der ETF-Branche auf rund 2,4 Billionen US-Dollar. Inzwischen hat es die Marke von 10 Billionen überschritten. Laut James Seyffart, Analyst bei Bloomberg Intelligence, dürften passive Anlagen bis 2026 die aktiven Fonds in den USA endgültig überholen.
Gleichzeitig mahnen Ökonomen zur Gelassenheit. Eine Analyse der UBS kommt zu dem Schluss, dass sich der Markt einem neuen Gleichgewicht nähert – einem Umfeld, das aktiven Managern wieder mehr Chancen eröffnen könnte. „Da passive Fonds reine Preisnehmer sind, können Kapitalflüsse in diese Produkte Fehlbewertungen einzelner Aktien tendenziell verstärken“, heißt es dort.
Zwar wäre der Markt tatsächlich ineffizient, wenn sämtliche Anleger passiv in denselben Index investierten. Doch die Vielzahl unterschiedlicher Indizes mit eigenen Regeln sorgt dafür, dass keineswegs überall dieselben Unternehmen abgebildet werden.
Selbst in dem hypothetischen Fall, dass nur noch ein Prozent des US-Aktienmarktes aktiv verwaltet würde, entspräche das immer noch einem Anlagevolumen von rund 130 Milliarden US-Dollar – ausreichend, um die Marktmechanismen funktionsfähig zu halten.
Die Zukunft des aktiven Managements
Unbestritten ist: Der Siegeszug des Indexings hat Anlegern enorme Vorteile gebracht. ETFs und Indexfonds haben die Geldanlage demokratisiert und Zugang zu Märkten geschaffen, die früher institutionellen Investoren vorbehalten waren.
Gleichzeitig bleibt Raum für aktives Management – insbesondere in weniger effizienten Marktsegmenten oder bei der Identifizierung von Fehlbewertungen. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass die Dominanz passiver Strategien die Effizienz des US-Marktes ernsthaft gefährden wird, solange der Anteil aktiver Manager nicht in den einstelligen Prozentbereich sinkt.
Wichtigste Erkenntnisse
Passive Anlagen haben aktive Fonds bei US-Aktien bereits überholt und dürften bis 2026 den Markt dominieren.
Kritiker warnen vor möglichen Effizienzverlusten, doch die Vielfalt passiver Strategien wirkt als Stabilitätsfaktor.
Während Indexprodukte die Geldanlage demokratisieren, bleibt aktives Management unverzichtbar – vor allem in Nischenbereichen und bei der Korrektur von Fehlbewertungen.

