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Was ist „Traspasos“ – und welche Auswirkungen hat es auf ETFs?

Das spanische Steuersystem benachteiligt den ETF-Handel.

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Einleitung

Das sogenannte „Traspasos“-System ist ein zentraler Bestandteil des spanischen Einkommensteuergesetzes. Es erlaubt Anlegern, die Zahlung von Kapitalertragsteuern aufzuschieben, wenn sie ihr Vermögen von einem Fonds in einen anderen übertragen. 

Klassische Investmentfonds in Spanien profitieren von dieser Regelung – ETFs hingegen nicht. Anleger können also innerhalb traditioneller Fondsstrukturen umschichten, ohne die übliche Kapitalertragsteuer von 19 % auf realisierte Gewinne zahlen zu müssen. Die Steuer wird erst dann fällig, wenn sie ihr Kapital endgültig abziehen. Da somit nicht bei jeder Umschichtung Steuern anfallen, verstärkt sich der Zinseszinseffekt, was langfristig zu höheren Erträgen führen kann. 

Für ETFs gilt dieses Privileg nicht: Wer sein Kapital zwischen verschiedenen ETFs oder von einem ETF in einen Fonds umschichtet, muss jedes Mal Kapitalertragsteuer entrichten. Das stellt eine erhebliche Wachstumsbremse für die ETF-Struktur in Spanien dar. Mit der Einführung neuer Gesetze zur Bekämpfung von Steuerbetrug im Januar 2022 wurde zudem der letzte steuerliche Vorteil für im EU-Ausland notierte ETFs abgeschafft. 

Steuerliche Auswirkungen

Dieser steuerliche Nachteil hat das Anlageverhalten in Spanien deutlich geprägt. Fondsselektoren und Privatanleger bevorzugen klassische Indexfonds, da sie vom Steueraufschub im Traspasos-System profitieren. Entsprechend weist Spanien eine der niedrigsten ETF-Durchdringungsraten Europas auf. 

Zwar lassen sich ETFs weiterhin gut für langfristige Buy-and-Hold-Strategien im Kernportfolio einsetzen. Doch gerade eine ihrer größten Stärken – der flexible, untertägige Handel für taktische Allokationen – wird durch die steuerliche Behandlung ausgebremst. 

Auch der heimische ETF-Markt leidet unter dieser Regelung. An der zur SIX gehörenden Börse Bolsas y Mercados Españoles (BME) sind aktuell lediglich fünf ETFs gelistet, mit einem monatlichen Handelsvolumen von rund 100 Mio. Euro. Zum Vergleich: An der Deutschen Börse belief sich das ETF-Handelsvolumen im September auf 12,8 Mrd. Euro. 

Iberische Halbinsel: Ein Markt mit Aufholpotenzial

Trotz der steuerlichen Hürden gewinnt die ETF-Struktur auf der Iberischen Halbinsel zunehmend an Akzeptanz. Immer mehr Anleger erkennen die Vorteile von ETFs – etwa niedrige Kosten, Transparenz und einfache Handelbarkeit – unabhängig von der steuerlichen Behandlung. 

Laut einer gemeinsamen Umfrage von BlackRock und YouGov zählt die Region (Spanien und Portugal) inzwischen zu den am schnellsten wachsenden ETF-Märkten Europas. Für 2024 wird erwartet, dass rund eine Million neue Anleger erstmals in ETFs investieren werden – ein deutliches Signal, dass das langfristige Potenzial trotz steuerlicher Nachteile intakt bleibt. 

Wichtigste Erkenntnisse

  • Im Gegensatz zu klassischen Fonds lösen ETFs in Spanien bei Umschichtungen Kapitalertragsteuer aus – ein klarer Nachteil für taktische Strategien. 

  • Immer mehr Anleger erkennen die Vorteile von ETFs jenseits steuerlicher Aspekte, was auf künftiges Wachstum hindeutet. 

  • BlackRock prognostiziert einen starken Anstieg der ETF-Nutzung auf der Iberischen Halbinsel – ein Hinweis darauf, dass die steuerliche Barriere langfristig überwindbar sein könnte. 

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